Krisen über Krisen
Das Jahr 2023 geht zu Ende; ich kenne niemand, der ihm nachtrauert. Ein neuer Nahostkrieg ist entstanden, von dem die israelische Regierung als einem spricht, der noch lange dauern wird. Es ist ein Krieg „gegen die Hamas“; aber es ist vor allem die palästinensische Zivilbevölkerung, die unter ihm leidet. Israel versteht nicht und will nicht verstehen, was es für die Zukunft – auch für seine eigene! – da anrichtet. Schrecklich, da zusehen zu müssen.
Der Krieg in der Ukraine zieht sich ebenso: die „Frühjahrsoffensive“ der Ukraine fand erst im Sommer statt; die Eroberungen bzw. Rückeroberungen hielten sich in Grenzen; und nun, im Winter, setzt Russland wieder Bombardierungen ein. Die Hilfslieferungen an Waffen an die Ukraine gehen zurück; der US-Präsident, der sie an sich befürwortet, steht unter Druck. Die Rechtspopulisten gewinnen allenthalben Wahlen und Putin in Russland freut sich darüber.
Die Welt ist gezeichnet von einem Jahr voller Wetterkatastrophen, die nichts anderes sind als Ausdruck der einen Klimakatastrophe, die hinter dem steckt. Die Weltklimakonferenz in Dubai hat trotzdem kaum Erfolge gebracht – kein Wunder, wenn man einen Ölmanager als Konferenzleiter bestimmt. Es ist kaum Besserung in Sicht: nicht in Österreich, nicht in Europa, nicht auf dem Globus. Wir fahren mit Verbrennungsmotoren auf einen völlig überheizten Planeten zu. Die Chance, dass es global unwirtlich wird, dass in großem Ausmaß Lebensräume für Abermilionen Menschen verloren gehen, wird immer größer.
Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssysteme geraten mittlerweile sogar in den hoch industrialisierten Weltgegenden unter Druck. Lehrkräfte, Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte gehen aus. Die Armut nimmt zu, dafür werden einige „happy few“ immer reicher. (Obwohl: manchmal löst sich – s. „Benko“ – dieser Reichtum dann plötzlich doch wieder in Luft auf.)
Die Ursachen?
Haben die Kriege, die Wirtschaftskrisen, die Klimakatastrophe gemeinsame Ursachen? Ich denke schon: es ist „unsere Art, den Globus zu bewirtschaften“. Man kann das den „Kapitalismus neoliberaler Prägung“ nennen; es ist ein globaler geworden, der seine Probleme nicht mehr in Kolonien oder Imperien exportieren kann, sondern sie austragen muss. Er wirkt im Kleinen wie im Großen und bestimmt die Art und Weise, wie Konflikte ausgetragen werden.
Gibt es gar nichts Gutes?
Doch, schon. Im globalen Norden boomt Photovoltaik; das könnte uns in den kommenden Jahren noch viele CO2-Emissionen einsparen. (Und Solarenergie ist nicht wie die fossile: sie wäre bzw. ist „von Natur aus demokratisch“.) Sogar die verrückten Widerstände gegen Windkraftwerke nehmen ab. Es bilden sich Grundstrukturen eines nicht-fossilen Zeitalters heraus. Die Frage ist, ob das noch schnell genug geht – es geht jedenfalls schneller als man befürchten musste.
Das neue Jahr …
… wird nicht einfacher; ich wünsche trotzdem allen meinen Leserinnen und Lesern, dass es besser wird als das abtretende. Ein bescheidener Wunsch, und wünschen darf man sich ja. Ich befürchte freilich, dass 2024 von seinem Vorgängerjahr sehr viele Probleme erben wird. Ich nehme nicht an, dass es leichter wird. Wir sollten uns auf weitere Krisen über Krisen vorbereiten.
Ich selbst habe da 2023 zwei wichtige Schritte erledigt: es gibt ein Testament und sogar eine „beachtliche“ Patientenverfügung. In gewissem Sinn bin ich vorbereitet. Die Daten sind auch gesichert.