michael bürkle

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Michael Bürkle

Sturm aufs Kapitol: ein Erfolg?

Es gibt gescheite Menschen, die meinen, der Sturm rabiater Trump-Anhänger aufs Kapitol am 6. Jänner sei für sie ein Erfolg gewesen. Es sei da gar nicht um einen Putsch gegangen; das wäre sowieso völlig unrealistisch gewesen. Es sei darum gegangen, Macht zu demonstrieren. Oder nicht einmal das: Bilder zu generieren. „Memes“ – kopierbare, schnell verbreitbare Bewusstseinsinhalte aus Bildern und / oder Slogans. Und mit deren Verbreitung könne man Macht demonstrieren, auch Macht gewinnen. Und die Produktion dieser Memes, die sei gelungen!

War Putsch das Ziel?

Ja, ich glaube schon. Jedenfalls für den Herrn Trump. Er hat sich – denke ich – ausgerechnet, dass das Zertifizierungsverfahren für Bidens Wahlsieg tatsächlich fundamental gestört werden könnte. So gestört, dass es weder am 6. noch am 7. Jänner zu Ende geführt worden wäre. Trumps Hoffnung war eine zweifache: republikanische Senatoren verzögern das Verfahren, indem sie Nachzählungen verlangen; der Mob würgt das Verfahren dann endgültig ab.

Das Problem dabei: der Mob wurde auch den störenden Senatoren unheimlich. Der Mob störte zwar die Zertifizierung des Ergebnisses für Biden, aber er würgte auch den politischen Teil dieser Störung ab. Nur 2 Ergebnisse der Bundesstaaten wurden letztlich beeinsprucht: Arizona und Pennsylvania. Die Ergebnnisse von Georgia, Michigan, Wisconsin gingen ohne Beeinspruchung durch.

Die Memes?

Ich glaube aber nicht, dass die große Mehrheit derer, die am Sturm aufs Kapitol beteiligt waren, ernsthaft einen Putsch wollten. Ein paar, eher wenige vielleicht. Aber die meisten wollten Krawall, die wollten Macht demonstrieren, die wollten Bilder: Memes. Tausende Selfies wurden geschossen; man kann sie im Internet bewundern. „Me too was there.“ Manche, nur wenige von denen sind „inländische Terroristen“; und sie alle in Summe als Terroristen zu nehmen hieße  sie nicht zu verstehen. Manche sind bloß Angeber, manche sind arme Menschen, manche sind einfach dumm. Einige sind nicht dumm: die wussten genau, was sie tun.

Die haben tatsächlich bekommen, was sie wollten.

Die Republikaner und Trump

Die Republikaner sind in den heutigen USA an sich „die Konservativen“; die Demokraten sind „die Liberalen“. Ich habe das beschrieben als Wahlkämpfe der „wohlmeinenden Reichen“ gegen die „egoistischen Reichen“ – denn wer nicht reich ist, kann in den USA nicht wahlkämpfen. Die US-Demokratie ist eine sehr eingeschränkte Demokratie; sie ist als Vorbild völlig ungeeignet.

Die „Wohlmeinenden“ – das sind die Demokraten, die eine vernünftige Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik als sinnvoll erachten, weil sie das herrschende System stabilisiert und damit die Zustände sichert. Die „Egoisten“ – das sind die Republikaner, die in der Sicherung ihres Reichtums lieber auf diesen vertrauen als auf eine vernünftige Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik. Es sind die, die wenig Steuern zahlen wollen.

Das ist ein Bild, das im Großen und Ganzen stimmt, denke ich. Aber nicht mehr ganz. Trump hat den Republikanern viele Wähler gebracht, die gar nicht wohlhabend sind: Wähler aus der Unterschicht, meistens weiß, Menschen, die für seine Rhetorik empfänglich sind. Relativ schlecht gebildete, ja auch im wahrsten Sinne des Wortes dumme Menschen, die das Gefühl haben, zu kurz zu kommen – und mit Recht, denn sie kommen ob ihrer Dummheit wirklich oft zu kurz. Und sie sind in ihrer Dummheit von Trump als ihresgleichen gut ansprechbar.

Das sind an sich nicht unbedingt republikanische Wähler. Die republikanische Partei und ihre Funktionäre haben sich trotzdem über die Stimmen gefreut, die ihnen Trump gebracht hat, und dementsprechend fällt es schwer, sich vom Stimmenbringer Trump zu verabschieden.

Trump wird versuchen, eine eigene Medienlandschaft mit einem eigenen Fernsehsender und eigenen Internet-Portalen zu schaffen: einem Trump-Twitter, einem Trump-Facebook. Und eine eigene Partei. Das wird die Republikaner zerreißen. Es gäbe dann 3 größere Parteien: die Liberalen= Demokraten, die Konservativen = Republikaner und die Populisten = Trumpisten.

Das wäre zunächst eine Schwächung des rechten Lagers, denn im US-amerikanischen Wahlsystem gewinnt in aller Regel der stärkste alles. Haben die Demokraten 40%, die Republikaner 30% und die Trumpisten 20%, gewinnen die Demokraten.

Das würde sich so also nicht lange halten. Es würde zu Not-Koalitionen auf der rechten Seite führen, zu einer Quasi-Wiedervereinigung; aber es könnte auch sein, dass sich auf der anderen Seite des Spektrums auch etwas auftut. Es gäbe ja Grüne in den USA – nur haben sie im Wahlsystem noch keine Chance. Auch Sozialisten gibt es – sogar innerhalb der demokratischen Partei: Sanders, Ocasio-Cortez, Ossoff …

Wir hätten dann plötzlich ein 4-Parteien-System. Linke / Grüne, Sozialdemokraten-Liberale, Konservative und Populisten. Woran erinnert mich das?


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