Das „Dachsteinlied“ als Landeshymne
In der Steiermark überlegt die FPÖ-ÖVP-Landesregierung, das sog. „Dachsteinlied“ als Landeshymne in die Verfassung aufzunehmen. Das ist so unnötig wie ein Kropf, aber dem Landeshauptmann Kunasek tät’s gefallen.
Die österreichischen Landeshymnen sind in aller Regel entsetzlich kitschige und aus der Zeit gefallene Singtexte; die steirische macht da keinen Unterschied:
1. Hoch vom Dachstein an, wo der Aar noch haust,
bis zum Wendenland am Bett der Sav‘
und vom Alptal an, das die Mürz durchbraust,
bis ins Rebenland im Tal der Drav‘
Dieses schöne Land ist der Steirer Land,
ist mein liebes teures Heimatland,
dieses schöne Land ist der Steirer Land,
ist mein liebes, teures Heimatland!
2. Wo die Gemse keck von der Felswand springt
und der Jäger kühn sein Leben wagt;
wo die Sennerin frohe Jodler singt
am Gebirg, das hoch in Wolken ragt
Dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes teures Heimatland
dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes, teures Heimatland!
3. Wo die Kohlenglut und des Hammers Kraft,
starker Hände Fleiß das Eisen zeugt
wo noch Eichen stehn, voll und grün von Saft
die kein Sturmwind je noch hat gebeugt
Dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes teures Heimatland
dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes, teures Heimatland![…]
4. Wo sich lieblich groß eine Stadt erhebt
hart am Atlasband der grünen Mur,
wo ein Geist der Kunst des Wissens lebt,
dort im hehren Tempel der Natur
Dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes teures Heimatland
dieses schöne Land ist der Steirer Land
ist mein liebes, teures Heimatland!
(Zwischen der 3. und 4. Strophe gäb es noch 6 weitere, die man den Steirer:innen aber erspart. Dichter war ein gewisser Jakob Dirnböck.)
In die Verfassung?
Dass die Landesregierung diese Hymne in die Landesverfassung aufnehmen will, ist ein strohdummer Gedanke, der aber den Nachbarstaat Slowenien aufregt. Warum? Weil gleich in der zweiten Zeile sozusagen ein Anspruch auf slowenisches Gebiet erhoben wird: „bis zum Wendenland am Bett der Sav’“. Die Save entspringt in Slowenien und fließt nirgends durch steirisches Gebiet. Die „Wenden“ – in Kärnten auch „Windische“ – ist eine alte, oft als abwertend empfundene bzw. auch gemeinte Bezeichnung für die slowenischsprachige Bevölkerung.
Dass da Slowenien eine Art „Gebietsanspruch“ sieht, kann ich irgendwie verstehen: das Gebiet der Save als „der Steirer Land“ ist einfach falsch. Wenn das in Slowenien als Anspruch gesehen wird, würde ich das respektieren und im Sinne einer guten Nachbarschaft darauf verzichten, diesen Text in die Verfassung zu schreiben.
Der Text ist aber auch jenseits aller slowenischen Bedenken so sinnbefreit, dass man sich genieren müsste, wenn er Teil der Verfassung wird: „wo die Sennerin frohe Jodler singt / am Gebirg, das hoch in Wolken ragt“. Oder: „wo ein Geist der Kunst des Wissens lebt, / dort im hehren Tempel der Natur“. Das ist Schwachsinn, dem man das 19. Jahrhundert anmerkt. Das soll auch niemals jemand auswendig lernen müssen.
Was statt dessen?
Ich würde über den Text einen Mantel des Schweigens aus noblem steirischen Loden breiten. Man muss diese „Hymne“ nicht noch zum Teil der Verfassung erklären: es ist unnötig wie nur irgendwas. Wenn man es tut, macht man sich lächerlich. Wer das Dachsteinlied singen will, soll; von mir aus.
Ich könnte mir vorstellen, einen Hymnenbewerb auszuschreiben, in dem es um einen zeitgemäßen Text zur bestehenden Melodie geht. Einstweilen würde ich bei offiziellen Anlässen auf den Gesang der 1. Strophe verzichten: die drei Strophen 2 bis 4 sind mehr als genug.