Der Professor
Gestern hat in der ZiB 2 des ORF Redakteur Martin Thür Professor Ferdinand Dudenhöffer, Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Center for Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen, zu Elektromobilität, E-Fuels etc. interviewt. Dudenhöffer hat dabei mit E-Fuels-Träumereien (von Politikern wie Nehammer oder Lindner oder Plakolm) gründlich aufgeräumt. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!
Dudenhöffer bezeichnet die Energiebilanz von E-Fuels als „grauslich“. Aus Sicht des führenden Autofachmanns Deutschlands gehe die Entwicklung zu 100 Prozent in Richtung des batterieelektrischen Autos. Europa würde sich – wenn man den Beschluss des Ausstiegs aus dem Verbrennermotor wieder aufmache – im Verhältnis zu China und den USA auf eine „Insel“ begeben. Es sei lediglich die Firma Porsche (und zum Teil BMW), die ein Interesse an den extrem teuren E-Fuels habe, die dann – auch wenn sie „grün“ produziert worden seien – bei sehr schlechtem Wirkungsgrad immer noch schädliche Abgase abgeben.
Herr Nehammer: Sie bleiben nach der Stunde da und müssen nachsitzen! Ja, Frau Plakolm: Sie auch!
E-Fuels als Statussymbol?
Ich seh sie schon, die Porsche- und BMW-Fahrer, die sich an der E-Fuels-Zapfsäule mit einer blonden Tussi fotografieren lassen wollen. E-Fuels als Statussymbol!
Zum – in Ruhe! – nachlesen, was der Professor meint: zu E-Fuels, zum Verbrennungsmotor, zu E-Mobilität. Hier ein Transkript:
Thür:
Über Skype bin ich jetzt mit Ferdinand Dudenhöffer verbunden. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Direktor des Center for Automotive Research und gilt als der führende Auto-Experte Deutschlands. Einen schönen guten Abend!Dudenhöffer:
Grüß Gott.Thür:
Herr Dr. Dudenhöffer, Bundeskanzler Karl Nehammer will sich für einen grünen Verbrenner mit E-Fuels einsetzen. Aber will das die Automobil-Industrie überhaupt?Dudenhöffer:
Das ist ganz ne kritische Frage. Es gibt welche, die mögen das, zum Beispiel Porsche. Da hat man das Thema hochgebracht. Und deshalb hat man ja in der EU jetzt diesen Zwist ausgelöst, der hoffentlich jettzt bald geklärt wird. Also E-Fuels wird’s geben, so sieht’s aus, aber die Bedeutung ist nach meiner Einschätzung gering.
Schlecht ist, dass Vieles jetzt wieder verunsichert ist, denn: Gehen wir wirklich nach 2035 absolut in die verbrennungslose Zeit rein oder öffnen wir da so was wie ne Büchse der Pandora, dass jetzt wieder viele vermuten, eher was langsamer in die Zukunft zu gehen.
Wer weiß, wie 2035 und danach aussieht? Wer weiß, ob es wirklich reine E-Fuels sind? Vielleicht sind es auch zugemengte E-Fuels, die man hat. Also:. Es wird wieder viel aufgemischt.
Und das ist schlecht für die Investitionssicherheit.Thür:
Aber warum ist es aus Ihrer Sicht besser, jetzt schnell zu entscheiden? Wenn die Automobil-Industrie sagt, vielleicht gibt es ja Kundinnen und Kunden, die wollen E-Fuels, auch wenn der Markt vielleicht gering dafür ist: warum ist es besser aus Ihrer Sicht, die ganz zu verbieten und komplett auf Elektromobilität zu setzen?Dudenhöffer:
Es ist nicht die ganze Automobilindustrie, sondern eigentlich hat’s angefangen mit Porsche und jetzt hat sich BMW so ein bisschen mit dazugesellt. Vorher war BMW auch in der Richtung 2035, danach gehen wir voll elektrisch in die Zukunft.
Schauen Sie: Wenn wir die Weltmärkte anschauen, dann wissen wir, dass China 100 Prozent elektrisch unterwegs sein wird. Das ist der größte Markt der Welt.
In USA sehen wir etwas Ähnliches und dann bleibt Europa übrig als so ne kleine Insel. Das ist eher schlecht. Denn die preisgünstigeren Fahrzeuge, Elektroautos aus China, die werden noch stärker nach Europa kommen. Und die Europäer, die müssen jetzt beides machen oder werden einige beides machen, also ihr Geld aufspalten in Verbrenner n Stückchen weiter und zum andern in das batterieelektrische Auto. Das ist der erste Grund. Und der zwote Grund: Die Energiebilanz von Fuels, von E-Fuels ist wirklich grauslich. Also sie werfen viel Energie weg, grüne Energie weg, nur um zu tanken. Und dann haben Sie einen Verbrennungsmotor, der ja weiterhin Abgase bringt. In großen Städten, wie zum Beispiel Wien, und das muss nicht das Ideale sein.Thür:
Jetzt sagen Sie ja, dass der Markt ohnehin in Richtung Elektromobilität geht, weil Elektroautos auf Dauer günstiger sein werden, E-Fuels recht teuer sein werden. Aber wenn der Markt das entscheidet, warum muss das dann die Politik regeln?Dudenhöffer:
Der Markt kann’s entscheiden, aber wir wissen, dass es zu 100 Prozent in das batterieelektrische Auto geht. Und jetzt kann man den Markt entscheiden lassen, aber der Markt, der tastet sich ja immer in die Zukunft und der Markt macht ja natürlich auch Fehler. Und diese Fehler, wenn man weiß, dass die kommen, die kann man natürlich ausblenden und sagen, jetzt gehen wir wirklich – so wie Elon Musk – zu 100 Prozent ins Elektroauto.
Schauen Sie, vielleicht ist auch ein Thema, dass man so ein bisschen Angst hat vor der Entwicklung von Elon Musk und Tesla. Man ist heute mit 1,3 Millionen Fahrzeugen letztes Jahr mit 17% Marge, mit 17% Gewinnmarge dabei, alle anderen zu überholen. Und möglicherweise ist das ein zusätzliches Argument, dass man da so ein bisschen bremsen will. Es ist falsch. Denn der Abstand zu den Teslas und den Chinesen wird größer werden. Und es hilft wenig, deshalb macht’s Sinn, wenn es kommt zu 100 Prozent darauf zu konzentrieren, und deshalb macht’s Sinn. dieses Verbot zu machen. Aber jetzt ist es eben wieder aufgeweicht.Thür:
Die Automobil-Branche in Europa war lange Zeit sehr sehr stark auch am Weltmarkt sehr beherrschend. Sie haben schon angesprochen: Bei den Elektroautos dominieren aber vor allem China und die USA. Warum hat die europäische Autobranche diesen Trend so verschlafen?Dudenhöffer:
Man ist dabei, genauso wie die Toyotas und die Hyundai-Kias, oder die General Motors und die Fords, in dieses Thema reinzugehen. Und alle hatten ja gesagt bereits vor zwo Jahren, wir wollen in 100-prozentiges elektrisches Fahren reingehen, weil es einfach praktikabler ist und weils einfach umweltfreundlicher ist für den PKW-Bereich. Und jetzt baut man’s wieder auf. Und das ist eigentlich schlecht, denn dadurch verliert man Abstand zu den Amerikanern bzw. zu Tesla und zu den Chinesen.Thür:
Ein Argument für E-Fuels, das ja immer auch unter dem Label der Technologie-Offenheit segelt, ist ja, dass es momentan noch sehr teuer, momentan noch sehr schwierig in der Produktion ist, aber dass sich diese Technologie ja noch entwickeln könne, dass ja mit dem zunehmend billiger werdenden Strom durch Solarenergie vielleicht auch E-Fuels breiter einsatzfähig werden können. Warum überzeugt Sie das nicht?Dudenhöffer:
Also E-Fuels sind sicherlich gut für Flugzeuge, man kann sie verwenden für Ozeandampfer, vielleicht für LKWs, für Nutzfahrzeuge. Aber schauen Sie, die Energieeffizienz: wenn Sie 100 Prozent grünen Strom haben und wandeln den um in E-Fuels und verbrennen den dann, diese E-Fuels im Verbrennungsmotor, dann haben Sie noch eine Effizienz von 20 Prozent, 15 Prozent. Also Sie werfen 80 Prozent der Energie weg durch diese Umwandlungsprozesse, die man hat. Und Sie haben – wie gesagt – Abgase. Sie müssen die Motoren weiter mit teuren Abgasreinigungen in die Zukunft bringen. Und wenn Sie das Elektroauto nehmen, dann nütze ich die Energie, die grüne Energie zu 90 Prozent, zu 85 Prozent. Das elektrische Auto, die Batterien entwickeln sich weiter. Der Abstand bleibt, wird eher größer. Also wir gehen in was, was sich im PKW-Bereich als wenig tragfähig herausstellen wird. Und deshalb macht es Sinn, gleich zu sagen: Dann lasst uns doch zu 100 Prozent genau in die Strategie reingehen, die passt und nicht rumspielen und rumprobieren und viel Geld investieren, was sich später nicht mehr auszahlt, nicht mehr rentieren, nicht mehr amortisieren wird.Thür:
Die Elektromobilität hat aber natürlich auch ihre eigenen Probleme. Da geht es einerseits um die wertvollen Rohstoffe für die Batterien, die noch immer sehr selten und sehr teuer sind. Und gleichzeitig natürlich um die Verfügbarkeit des vielen Stroms, die man dafür braucht. 5 Millionen Autos gibt es in Österreich. Die alle mit Strom zu betreiben bedeutet eine enorme Belastung für die Netze. Schafft Europa diesen Wechsel zur Elektromobilität in ja, wenigen, 12 Jahren?Dudenhöffer:
Schauen Sie: 2035 heißt ja nur, dass die Neuwagen elektrisch sein sollten nach diesem Vorschlag. Und dann kommt der Auswechselprozess der Fahrzeuge, die heute auf der Straße sind, Stück für Stück zum Tragen. Das heißt, Sie müssen da noch gut 20 Jahre, 15 Jahre rechnen, also bis 2050, um dann den ganzen Bestand von diesen 5 Millionen Fahrzeugen gewechselt zu haben. Ja, um Himmels willen, Österreich, Deutschland, die EU wird’s doch schaffen, in 30 Jahren entsprechenden Strom für Autos zur Verfügung zu stellen. Und nicht nur für Autos, denn die Energie, die wir brauchen, wächst ja exponentiell in allen Bereichen. Wenn wir das nicht schaffen, dann haben wir sowieso verloren in der Welt.Thür:
All jene, die jetzt schon umsteigen wollen, haben aber noch ein Problem: Elektroautos sind zur Zeit noch sehr sehr teuer, vor allem im Vergleich zu vergleichbaren Modellen mit Verbrennermotoren. Bis wann rechnen Sie damit, dass Elektroautos tatsächlich auch für die Masse breit erschwinglich sind?Dudenhöffer:
Also, in den nächsten 3, 4 Jahren wird’s so sein, dass es noch teurer ist, weil Kapazitäten für Batterieproduktion erst aufgebaut werden. Und da wird man, wenn’s wenige Batteriezellen gibt, Batterizellen teuer verkaufen. Zwischen 2025, 2030 kommt die sogenannte Feststoffzelle. Auch das macht Batterien leistungsfähiger mit größerer Reichweite. Das heißt um 2025, 2028 gehen wir davon aus, spätestens 2030, dass der Verbrenner als Benziner eher teurer sein wird als das Elektroauto.
[…] empfehle dazu die Lektüre des Interviews, das ORF-Redakteur Martin Thür mit Prof. Ferdinand Dudenhöffer in der ZiB 2 geführt hat. Prof. […]
[…] Unsinn? Man kann das in meinem Transkript des Interviews, das Martin Thür in der ZiB 2 mit Ferdinand Dudenhöffer nachlesen. Aber auch der VCÖ hat heute ein sehr sorgfältiges Papier dazu […]
[…] Wissenschaftler und Auto- bzw. Mobilitätsexperten – ein Interview aus der ZiB 2 nachlesbar hier; oder an Herrn Harald Lesch, einen überaus angesehenen Physiker, und und und. Wenn ihm diese […]