Der Kanzler hat es verkündet:
„Konkret bedeutet das, dass es mit dem 19. Mai, dem Mittwoch vor Pfingsten, Öffnungsschritte in all diesen 4 Branchen geben soll. Mit klaren Sicherheitskonzepten, weil das notwendig ist, um auch die Infektionszahlen halbwegs unter Kontrolle zu halten.“
Der Vizekanzler relativiert ein bisschen:
„Aber – Freuen, Freude ist nicht gleich Leichtsinn, bitt schön das nicht vergessen, und dieser buntere – dann schon wieder – Alltag braucht auch weiterhin unsere Verantwortung und mit der Pandemie ist auch nicht zu spaßen.“
Und der Gesundheitsminister wird noch etwas genauer:
„Wir sind am Gipfel der Dritten Welle, es hat sich stabilisiert, es geht leicht runter, aber es ist nicht vorbei, sondern wir prognostizieren jetzt für in 4 Wochen, dass es vertretbar ist, mit den Sicherheitskonzepten, mit Testen und mit zunehmend Geimpften.“
Im ORF kommt an: „Regierung kündigt Öffnungen für 19. Mai an“. In anderen Medien ebenfalls.
ORF-Redakteur Pötzelsberger:
„Der 19. Mai wird der Tag der Öffnung. An diesem Mittwoch sperrt fast alles in Österreich wieder auf.“
„Jetzt ist es also beschlossene Sache. Am 19. Mai soll das Land großteils wieder aufsperren – nach Monaten im Lockdown.“
Das ist ein Hoch-Risiko-Kurs
Das ist ein Hoch-Risiko-Kurs – für Österreich, für die Regierung, für den Kanzler. Die türkis-grüne Regierung lehnt sich weit aus dem Fenster. Der Kanzler verspricht Öffnungen in 4 Wochen, ohne die epidemiologischen Daten und die Sachlage in 4 Wochen zu kennen.
Innerhalb der Bundesregierung hat man sich offensichtlich die Rollen aufgeteilt. ÖVP-Kanzler Kurz und ÖVP-Tourismusministerin Köstinger kündigen Öffnungen an und die Rückkehr zur Normalität. Grünen-Vizekanzler Kogler und Grünen-Gesundheitsminister Mückstein formulieren relativ vorsichtig die Bedingungen, unter denen das geschehen kann.
Wenn das gut geht, steht Kanzler Kurz gut da: er hat die Öffnung gebracht. Er wird sich als Sieger über die Pandemie darstellen. Wenn sich das nicht ausgeht, hat sich Kurz sehr weit hinausgelehnt. Ob er das dann politisch überlebt, wage ich zu bezweifeln.
Wovon hängt ab, ob sich das ausgeht?
Es hängt ab von der Disziplin in der Bevölkerung. Wie sehr hören die Menschen noch auf die zarten Warnungen von Kogler und Mückstein? Die Disziplin wird durch diese Ankündigungspolitik nicht gerade gestärkt, nehme ich an.
Es hängt aber auch ab vom Verlauf der Pandemie, von der Entwicklung des Virus. Man hat entdeckt, dass es in Tirol eine britisch-südafrikanische Virenvariante gibt: „ansteckend wie die britische und heimtückisch wie die südafrikanische“. (Das ist übrigens schon lange bekannt; ich habe sie schon am 30.3. beschrieben.) Es ist anzunehmen, dass Impfungen da nicht mehr so viel nützen. Die Virologin van Laer:
„Es ist damit zu rechnen, dass wenn man eine Infektion durchgemacht hat mit dem bisherigen Virus und auch nach den Impfungen, dass man gegen diese neue Fluchtvariante genau so etwas schlechter oder deutlich schlechter geschützt ist wie gegen die Südafrika-Variante.“
Das Dumme ist …
Das Dumme ist, dass Kanzler Kurz mit seiner Ankündigungspolitik nicht nur seine eigene Position und Karriere riskiert, sondern auch die Gesundheit der Bevölkerung und die Gesundheit des Gesundheitssystems.
(Wörtliche Zitate aus dem Zeit im Bild 1 vom 23.4.2021.)