Ich bin Ende des 20. Jahhunderts – so ab 1972 – politisch sozialisiert worden. Mein Vater stammte aus ärmlich-bäuerlichen Verhältnissen und war „schwarz“. Meine Mutter kam aus einer armen Eisenbahnerfamilie und war „rot“ – so rot, wie man in Vorarlberg als Lehrerin gerade noch sein durfte. Also nicht sehr und nur im Geheimen.
Ich wurde grün: ich war „Basisvertreter“; ich gründete mit anderen basisdemokratische Listen an meiner Uni; ich konnte (und kann) mit den „Grundwerten“ der Grünen (ökologisch, solidarisch, basisdemokratisch, gewaltfrei) viel anfangen: sie sind modern und wichtig. (Die spätere „Ergänzung“ um selbstbestimmt und feministisch fand ich immer unnötig, weil sie sich für mich aus den anderen Werten ergab.)
Wir, unsere Generation, organisierten uns in Bürgerinitiativen, in Listen, letztlich in Parteien. Direkte Anwesenheit in der Diskussion war wichtig. Nur zu oft entschieden die, die am Schluss noch da waren, die das beste Sitzfleisch hatten, also: keine Kinder zu betreuen hatten, am nächsten Morgen nicht früh zur Arbeit mussten.
Heute muss ich umlernen
Es gibt eine Organisation „extinction rebellion“, kurz XR. International, aber auch in Österreich. Aber ist das überhaupt eine „Organisation“ im Sinne unserer Generation? Gibt es da ein Mitgliederverzeichnis? Eine Sprecherin / einen Sprecher?
Ausgelöst durch aktuellen Klimaproteste in Innsbruck habe ich versucht, mit XR Kontakt aufzunehmen. Es ist mir kaum gelungen. Es gibt webseiten, aber kaum Antworten auf Fragen.
Mir ist dann letztegeneration.at aufgefallen. Die haben für die Aktion in der Amraser Straße am 28.11. verantwortlich gezeichnet. Ich habe bei XR nachgefragt, ob das – „Letzte Generation“ – ein anderer Name für extinction rebellion sei. Nein, wurde geantwortet; das sei eine eigene Organisation, aber es gebe Personen, die in beiden aktiv seien.
Mit letztegeneration.at war solider Kontakt möglich. Es gibt die homepage – die richtet sich an die Allgemeinheit. Und es gibt in Tirol eine Chat-Gruppe unter Signal, in der diskutiert und gemeinsam organisiert wird. „Sitzungen“ im Sinn dessen, was ich in meiner Generation kennen gelernt habe, scheint es kaum zu geben. Mails gibt es kaum; die Technik ist der Chat. (Ich muss Emojis interpretieren lernen.) Gearbeitet wird streng projektbezogen: wer kann & will dann & dort & derart mitmachen? Auch „Fortbildung“ ist vorgesehen. Sie ist nötig: ich habe bemerkt, dass mir da einiger Fachwortschatz fehlt.
Der Kreis schließt sich
Ich habe außerparlamentarisch / basisdemkoratisch begonnen. In „alter“ Technologie, mit den genannten Nachteilen. Es ist die Grüne Partei entstanden; ich bin in ihr aktiv geworden. 2017 bin ich aus ihr ausgetreten, weil damals die Bundessprecherin (und nachmalige Novomatic-Managerin) die jungen Grünen ausgeschlossen hat. Meine Grundwerte waren nicht mehr repräsentiert.
Die Grüne Partei ist für mich immer noch – meistens – wählbar; sie macht in vielen Teilorganisationen und Ortsgruppen gute Arbeit; auch in der Bundesregierung gibt es Erfolge – das Klimaticket ist vermutlich bisher der größte; auch in der Bekämpfung der Korruption gibt es Fortschritte. Ich habe bei den Grünen immer noch viele Freunde. Die Prinzipien stimmen; aber die Kompromisse mit der Realität verdecken diese Prinzipien immer wieder.
Unterstützt durch neue Technologie entstehen heute aber wieder basisdemokratische Intitiativen. Sie verstehen sich auch als gewaltfrei, auch und schon gar als ökologisch und solidarisch. (Ja, eine Sitzblockade ist gewaltfrei. Das hätten auch Mahatma Ghandi und Martin Luther King so gesehen, und auch Rosa Parks und Emma Goldman.)
Vielleicht kann ich zur Vermeidung alter Fehler beitragen.
[…] der „Keimzelle Innsbruck“ aufgenommen. Ich musste einiges umlernen und habe davon berichtet. Am Di 13.12. habe ich mich hier im Blog als Mitglied geoutet: „Soweit man […]