michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

Mauern

Mauern

Ein Freund schreibt mir in einer Reaktion auf meinen Artikel „LTW Sachsen und Thüringen“:

Teile der Linken / Grünen Vordenker sind strikt gegen Mauern, wenn es um Migration geht,
andererseits fordern sie welche gegen den Faschismus,
in beiden Fällen werden sie nichts nützen, sagt die Geschichte,
weil Migration und Faschismus oft die Vorder- und Rückseite einer Medaille sind

Die Gedanken sind interessant; ich kann ihnen aber nicht völlig zustimmen. Ich habe ihm per Mail geantwortet:

das ist aus meiner Sicht etwas zu vereinfacht. Mauern sind nicht gleich Mauern.

Mauern „gegen die Migration“ sind Mauern gegen Menschen; gegenüber Asylsuchenden sind sie an sich verboten – es gibt ein Recht auf Asyl (z.B. „Das Recht auf Asyl sicherstellen“ des Europäischen Parlaments; oder: „Asylberechtigung“ des Deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge). Ich denke, dieses Recht ist richtig und nötig. „Mauern gegen Asyl“ sind auch wirkliche Mauern – oder Zäune oder andere physische Hindernisse. Wer aber die Menschenrechte ändern will, hat sich aus meiner Sicht als Politiker disqualifiziert.

Jetzt ist Migration nicht gleich Asylsuche. „Einwanderung“ ohne Asylgründe kann ein Staat verwehren. Das stellt auch m.E. niemand in Zweifel. Die Vermischung zwischen Migration und Asylsuche ist eine beliebte Strategie der Leute, die den Unterschied verdecken wollen.

Die „Brandmauer“ gegen den Faschismus ist eine Erfindung der Parteipolitik. Ich habe sie nie verlangt und finde sie auch ein zweifelhaftes Symbol. Ich habe sie v.a. vom CDU-Politiker Merz im Ohr. Jedenfalls wäre sie keine gegen Menschen, sondern gegen eine „Ideologie“, mit der wir in der Geschichte schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht haben: Deutschland 1933-1945 z.B.

Ich finde, man soll aus der Geschichte lernen und mit Menschen, die in faschistischer (oder nationalsozialistischer oder neofaschistischer) Logik denken, nur sehr eingeschränkt zusammenarbeiten. Ich würde das, wo immer ich die Wahl habe, nicht tun. Ist das eine Mauer? Jedenfalls keine physische.

„In beiden Fällen werden sie nichts nützen“, sagst Du. Da bin ich mir nicht sicher. Mauern wirken, unter Umständen bzw. mindestens erzeugen sie Umwege. Umwege für Asylsuchende sind Schikanen; (geistige) Umwege für Faschisten sind nötig.

Migration und Faschismus als 2 Seiten einer Medaille? Ja, in gewissem Sinn kann ich mir das gut vorstellen. Man kann vor Faschismus fliehen; dann ist man Migrant. Allerdings ist „Faschismus“ im Heimatland allein noch kein Asylgrund; das muss dann spezifischer sein: Rasse, Nationalität, politische Überzeugung, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.

Zu diesen Klarstellungen hat mich die Aussage meines Freundes provoziert. Nun noch zu ein paar …

Verwechslungen

Asylrecht zu fordern heißt nicht, schrankenlose Migration zu ermöglichen. Asyl ist ein Menschenrecht; Migration nicht. Allerdings sind unsere Zivilisationen Systeme, die Migration benötigen; alleine mit Asylsuchenden können wir die Leerstellen am Arbeitsmarkt nicht füllen. Österreich ist ein Zuwanderungsland: wer das nicht sehen will, ist politisch blind. Wer für das Menschenrecht auf Asyl eintritt, will aber nicht „die Grenzen öffnen“.

Asylsuchende und Migrant*innen haben das Recht, ihre Religionen auszuüben, zumindest die in Österreich anerkannten. Zu diesen Religionen gehört auch der Islam. Wir sind aber ein Land, das Staatlichkeit und Religion prinzipiell trennt – wenn auch die römisch-katholische Kirche noch einiges an steuerlichen Vorteilen und anderen Vorrechten genießt. Wir sind ein säkularer Staat. Die staatlichen Regelungen haben auch Menschen zu akzeptieren, die aus ihrem Religionsbekenntnis eine staatliche Ideologie machen wollen. Für den Islam heißt das Islamismus. Wer österreichische Gesetze durch die Scharia ersetzen will, hat hier keinen Platz. Wer die Gleichberechtigung von Frauen nicht anerkennen will, hat hier keinen Platz. Wer die Gleichberechtigung von Glaubensbekenntnissen nicht akzeptieren will, hat hier keinen Platz. Wer die Demokratie durch eine Theokratie ersetzen will, muss gehen – oder seine Bemühungen einstellen.

(Das würde übrigens auch für christliche oder jüdische Fundamentalisten gelten. Die staatlichen Gesetze gelten auf jeden Fall. Fälle von akutem christlichen oder jüdischem Fundamentalismus spielen aber derzeit kaum eine Rolle. Islamismus gibt es aber, und der hat in Österreich keinen Platz. Wer die Scharia predigt und das Kalifat einführen will, hat hier nichts verloren. Da würde ich rigoros anklagen und ausweisen.)


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