michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

LTW Sachsen und Thüringen

In den deutschen Bundesländern Sachsen (ca. 4 Mill. Ew.) und Thüringen (ca. 2,1 Mill. Ew.) ca. wurden gestern neue Landtage gewählt. In beiden Ländern hat die – nachgewiesenermaßen – rechtsextreme AfD stark zugelegt.

Ergebnisse in Zahlen

In Sachsen kommt die CDU auf 31,9% (41 Mandate von 120), die AfD auf 30,6% (40). Die anderen Parteien im Landtag sind das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ / BSW (15), die SPD (10), die Grünen (7), die Linke (6) und die FW (1).

In Thüringen kommt die AfD auf 32,8% (32 Mandate von 88) und die CDU auf 23,6% (23). Die anderen Parteien im Ladtag sind das BSW (15), die Linke (12) und  die SPD (6).

Ergebnisse in Feststellungen

1. Festzustellen ist: mehr als zwei Drittel der Wähler*innen haben die rechtsextreme AfD nicht gewählt. Das ist gut so. Es entsteht kein Anspruch für die AfD, eine wichtige Rolle zu spielen, wenn niemand mit ihr koalieren will.

2. Die Parteien der Bundesregierung (SPD, Grüne, FDP) haben sehr schlecht abgeschnitten. Die FDP ist aus beiden Landtagen hinausgefallen; für die Grünen stimmt das in Thüringen. Die SPD ist stark dezimiert.

Offensichtlich wird die Politik der deutschen Bundesregierung vor allem als Streit wahrgenommen; die Leistungen der Bundesregierung (die es zweifelsohne gibt) werden kaum gesehen, die Misserfolge und das Scheitern an Aufgaben sehr wohl. Als Hauptschuldige wird die FDP gesehen. (Das sehe ich auch so.) Die FDP mit Finanzminister Lindner hat zu oft gemeinsame Projekte der Regierung hintertrieben und verhindert.

3. In Deutschland herrscht vielfach Zukunftsangst: Angst vor Russland und dem Krieg in der Ukraine; Angst vor Menschen, die aus anderen Ländern zugewandert sind und die womöglich wesentlich andere – islamische, islamistische – Wertesysteme vertreten und auch durchsetzen wollen; Angst davor, dass Bundes- und Landespolitik die brutalen Folgen der Klimakrise, die jeden Sommer sichtbar werden, nicht in den Griff bekommen. Diese Ängste sind real und berechtigt. Und Angst spaltet und radikalisiert.

4. Die politische Diskussionskultur ist in Deutschland in Richtung Populismus abgedriftet. Scheinbar „einfache“, „populäre“ Lösungen für Fragen werden bevorzugt: „rechts“ und „links“. Viele Menschen sind nicht mehr bereit oder fähig, einer Diskussion mit rationalen, nachvollziehbaren Argumenten zu folgen. Die Medienkultur Deutschlands trägt in Vielem zur Verdummung vieler Menschen bei.

5. Man könnte glatt auch von einem Wiedererstarken der radikalen Linken sprechen, wenn man die Stimmen bzw. Mandate der Linken und des BSW zusammenzählt. Sahra Wagenknecht war ja Mitbegründerin der Linken und lange eine Art Gallionsfigur. Allerdings ist das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) nur mehr in Teilen dem linken Spektrum zuzuordnen.

Was müsste geschehen?

Ich sehe an sich eine einfache Lösung: lösungsorientierte Arbeit von Politikerinnen und Politikern, die zu Kompromissen in der Lage sind und diese Kompromisse klar und ohne Bösartigkeit kommunizieren können und wollen. Also: korrekte politische Arbeit. Die vermissen viele Wählerinnen und Wähler in der deutschen Ampelkoalition. Ich vermisse das zu einem Teil auch in der schwarz-grünen Koalititon Österreichs. Die Hackln fliegen manchmal unnötig tief – und ich sehe die Schuld hauptsächlich bei der ÖVP.

Ich bin zutiefst überzeugt: die Wähler*innen der AfD sind nicht zum Großteil rechtsextrem, aber sie haben Frust an der etablierten Politik und wollen diesen Frust loswerden. Konstruktive, nachvollziehbare politische Arbeit ist das beste Mittel gegen politischen Frust.

Aber auch nicht alle Deutschen waren nach 1933 Nazis. Manche hatten nur Frust an der erfolglosen Politik der Weimarer Regierung. Alter Witz:

Die Deutschen haben drei Eigenschaften: sie sind intelligent, ehrlich und Nazis. Sie haben aber immer nur zwei dieser drei Eigenschaften. Wenn sie ehrlich und Nazis sind, sind sie nicht intelligent. Wenn sie intelligent und Nazis sind, sind sie nicht ehrlich. Und wenn sie intelligent und ehrlich sind, sind sie sicher keine Nazis.


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