(Ich weiß, ich weiß: der SPÖ-Vorsitzende in Tirol ist gstudierter Politikwissenschaftler. Es geht um einen anderen Lehrabschluss.)
Georg Dornauer ist der Chef der SPÖ Tirol. Kaum war er zum geschäftsführenden Parteichef bestellt, wollte er sich in öffentlicher Sitzung eine andere, erkrankte Politikerin „nicht in der Horizontalen vorstellen“.
Biertisch-Sexismus, Eklat, Dornauer entschuldigt sich halblustig, will aber keinen Fehler erkennen; zunächst aber: kein Mandat im Bundesvorstand.
Ein knappes Jahr später, mittlerweile doch im SP-Bundesvorstand, bekommt Dornauer einen anonymen Brief, in dem eine vorgebliche ÖVP-Mitarbeiterin illegale Parteispenden und politische Käuflichkeit der ÖVP-EU-Mandatarin Thaler behauptet. Dornauer publiziert das per twitter – ohne Gegen-Check, bloß als Frage formuliert.
Eklat. Die ÖVP klagt, Thaler klagt, Dornauer sieht aber keinen Fehler bei sich. In seinem twitter-account sieht das dann so aus:
Der Mann veröffentlicht, was „wahr sein könnte“. Ja, hat er sie noch alle?
Da ist ein politischer Lehrabschluss fällig; der junge Mann – naja, mit 36 und einem politikwissenschaftlichen Doktorat dürfte man schon ein bisschen Naivität verloren haben – hat Wesentliches noch nicht kapiert.
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Jeder Leser, jede Leserin von Markus Wilhelms dietiwag.org kann wissen, was alles in Tirol (in Österreich) schon möglich war und zum Teil immer noch ist und zum Teil – dank der gewissenhaften Recherchen Wilhelms – nicht mehr ist. Dort könnte Dornauer lernen.
Falls sich die EU-Abgeordnete Thaler tatsächlich bestechlich verhalten haben sollte: nach den Aktivitäten Dornauers würde es wohl kaum mehr beweisbar sein. Dateien gelöscht, Festplatten geschreddert.
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Die Dummheit nimmt zu
Ich habe in den letzten Monaten oft geschrieben, dass die größte Stärke der damaligen VF-Bundesregierung die Schwäche der Opposition war. In der SPÖ hat sich da nicht viel verändert. Leider. Und es liegt m.E. nicht an der Vorsitzenden, sondern an den Herren in der zweiten Reihe. Dornauer ist das beste Beispiel.
Die FPÖ hat sich – Ibiza-Video usw. – mittlerweile als grandios und nachweisbar dumm dargestellt. Da hat sich was geändert. Auch dass aus dem damaligen Kanzleramt von Kurz Regierungsdaten nicht dem Staatsarchiv, sondern einer privaten Schredder-Firma überantwortet wurden, zeugt davon, dass die Dummheit weiter streut. Wie kann man nur …! Unter falschem Namen, mit richtiger Telefonnummer, ohne Bezahlung.
Aber beim Schreddern aus Kurz‘ Truppe geht es nicht nur um Dummheit. Wie viel Illegales und Grenz-Legales muss diese ehemalige VF-Bundesregierung zu verstecken haben? Für Regierungsakten gibt es 2 Orte: die Regierungsbüros, wenn die Daten noch direkt gebraucht werden. Und das Staatsarchiv, wenn keine direkte Verwendbarkeit gegeben ist.
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Da könnten insgesamt noch einige politische Lehrabschlüsse nachzuholen sein.
wenn ich rendi-wagner wäre, würde ich ein kurzes statement publizieren:
„ich distanziere mich vom vorgehen des tiroler sp-vorsitzenden dornauer, vorwürfe gegen eine mandatarin ungeprüft zu veröffentlichen. das ist nicht unser stil; das lehnen wir ab. herr dornauer hat sich umgehend zu entschuldigen.
darüber hinaus ist bedauerlich, dass der eigentliche inhalt der vorwürfe durch das vorgehen dornauers kaum mehr untersucht werden kann.“