Was tun?
Ich kenne sehr kluge, gescheite Menschen, die meinen, dass man die FPÖ keinesfalls in eine Regierung kommen lassen soll. Zu rechtsextrem, zu nahe an einem Neonazitum seien Teile des Programms, das die FPÖ zur Wahl vorgelegt hat.
Ich bin an sich auch dieser Meinung. Ich finde außerdem die Vorstellung schrecklich, dass über die FPÖ burschenschaftliches und identitäres Gesocks ohne besondere Qualifikationen zu gut bezahlten Staatsjobs kommt und damit die Administration der Republik unterwandert.
Und es kann ja nicht so schwer sein, ein konservativ-sozialdemokratisch-liberales Regierungsbündel zu schmieden. Das geht sogar in der EU. Die ÖVP hat ein Interesse daran, weiterhin den Kanzler zu stellen; die SPÖ hat ein Interesse daran, nach 7 Jahren Abstinenz wieder in eine Regierung zu kommen und zu gestalten; die NEOS wollen das sowieso – oder die Grünen auch. Für ein gemeinsames Regierungsprogramm würde natürlich jeder Abstriche machen müssen … aber man müsste da schon etwas Vernünftiges schaffen können.
Aber …
Aber denken wir weiter. Wie wird die FPÖ bei der nächsten Wahl abschneiden? Nach 4-5 Jahren Dauergejammer, dass man ausgegrenzt werde, dass das dem Wählerwillen nicht entspreche … (Das würde zwar alles nicht stimmen – wenn jemand die FPÖ ausgrenzt, ist sie es selbst; und der Wählerwille ist gar nicht so einfach in Stimmenprozenten zu messen) … aber das wäre ein anhaltendes 4- bis 5-jähriges Störfeuer. Und wenn man eine Lüge oft genug wiederholt, beginnen Menschen, sie zu glauben.
Und danach kann sein, dass die dann 30%, 32% oder 35% machen. Oder mehr? (Die Nazis haben – bzw. die NSDAP hat 1933 43,9% erzielt, weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Aber das hat gereicht. Und „Wählerwille“ war das, was entstanden ist, sicher nicht.)
Das müsste schon eine sehr gute, eine ernsthafte schwarz-rot-pinke Regierung sein, die der FPÖ den populistischen Wind aus den Segeln nimmt.
„Nazis“
Ich will nicht missverstanden werden. Ich halte die FPÖ-Wählerinnen und -Wähler nicht durch die Bank für Nazis oder Neonazis. (Was man heute unter „Nazis“ verstehen kann, habe ich in einem anderen Artikel definiert.) Da sind auch Menschen drunter, die keine Rassisten sind und durchaus ernsthaft für demokratische Strukturen eintreten, vermutlich auch unter den Funktionär*innen. Aber natürlich gibt es auch wirkliche Nazis in der FPÖ. Die FPÖ ist gegründet worden, damit ehemalige Nazis, die nicht bei der ÖVP oder der SPÖ Unterschlupf gefunden hatten, ein politisches Betätigungsfeld bekommen. In der DNA der FPÖ ist die Ablehnung von demokratischen Spielregeln angelegt – das Parlament als „Quatschbude“, wie das unter den Nazis hieß. Demokratische Transparenz ist denen ein Greuel. Und selbstverständlich ist auch eine „Grundkorruption“ in der FPÖ vorhanden; Korruption ist da „normal“. Der letzte FPÖ-Vizekanzler – ein gewisser Strache – hat das wieder einmal eindrucksvoll in Erinnerung gerufen.
(Leider waren sowohl ÖVP als auch SPÖ in der Vergangenheit selbst auch immer wieder von Korruptionsfällen betroffen.)
Die Chance, dass da ein „neuer Strache“ auftaucht, ist durchaus gegeben. Ein paar Kandidaten drängeln schon vor.
Aber jetzt haben sie „bloß“ 28,8%. Das ist keine Mehrheit. Sie können damit die Verfassung nicht ändern, nicht einmal mit der ÖVP gemeinsam. Sollen wir sie nicht besser jetzt ihre Inkompetenz beweisen lassen, bevor sie nominell noch stärker werden? (Ich weiß: jede FP-VP-Regierung tut weh: vielen Menschen.)
Die Krot
Sollen wir die Krot fressen, solange sie noch klein ist? Wenn wir sie jetzt nicht fressen, wird sie voraussichtlich wachsen. Was tun wir, wenn die Krotten noch größer werden?
Auch hier freue ich mich sehr auf und über Diskussionsbeiträge.
> Sollen wir die Krot fressen, solange sie noch klein ist? Nein, nein und nochmals: NEIN! Denn eigentlich ist es recht einfach: Die FPÖ hat bisher in jeder Regierung nicht nur als Regierungspartei immer und auf ganzer Linie versagt, sondern sie hat auch kein einziges Mal auch nur eine halbe Legislaturperiode durchgehalten, weil sie sich davor immer selbst zerlegt hat. D.h. die Blauen hatten mehr als nur eine Chance, die haben sie jedesmal konsequent und komplett versemmelt – und irgendwann muss es einfach genug sein. Und vom Argument, dass Kickl und die FPÖ bei der nächsten Wahl weiter zulegen oder… Mehr »
Vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich seh Vieles ganz ähnlich. Und dass die FPÖ die letzten Regierungsbeteiligungen vermasselt hat (Knittelfeld, Ibiza), könnte man auch als „Argument“ für eine Entzauberung nehmen. Allerdings sind die nach jeder Entzauberung wieder stärker geworden: es gibt halt einen Grundstock von Wählern in dem Spektrum, die zwischen ÖVP (und auch SPÖ) und FPÖ wechseln können. Und durch den grassierenden Rechtspopulismus nimmt dieses Spektrum zu, auch bei den jungen Wähler*innen. Die Dauerpropaganda – „Wir werden ausgegrenzt!“ – wird halt doch auch Wirkung zeigen – außer die Bundesregierung leistet wirklich gute Arbeit. Aber Du hast schon recht: eine… Mehr »