michael bürkle

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Michael Bürkle

„KPÖ Plus“ vs. „Wandel / KEINE von denen“

ZiB 2 vom 7.8.24

Gestern hatte Moderator Armin Wolf in der ZiB 2 die Spitzenkandidaten der ersten „Kleinparteien“ – die, die noch nicht im Nationalrat vertreten sind – zu Gast: Tobias Schweiger für die KPÖ Plus und Fayad Mulla für den „Wandel“, der als „Keine von denen“ (Kurzbezeichnung KEINE) antreten wird.

Wolf war gut vorbereitet: er hatte sich die Parteiprogramme genau durchgesehen und stellte sehr viele Parallelen fest: beides linke Programme; der Wandel laut Wolf als „KPÖ auf Speed“. Er fragte nach den Unterschieden. Mulla sah beim Wandel die Gesundheitspolitik an erster Stelle: das österreichische Gesundheitssystem krache „bis zum Gehtnichtmehr“, Wartezeiten seien „unerträglich“ geworden; Schweiger blieb für die KPÖ Plus beim Thema leistbares Wohnen. Außerdem sahen beide noch Unterschiede in der Parteiorganisation. Mulla für den Wandel betonte die „Transparenz“, dass beim Wandel exakt abgerechnet und das auch veröffentlicht werde, das sei bei der KPÖ nicht so: immer noch hat es die KPÖ – seit 2014 – nicht geschafft, den vorgeschriebenen jährlichen Rechenschaftsbericht vorzulegen.

Ein Trauerspiel

Da saßen gestern zwei Leute einander gegenüber, die sehr ähnliche, sehr linke Parteiprogramme vertraten. Trotzdem kandidieren die gegen einander. (Das wollte Mulla so nicht sehen, aber natürlich ist es so.) Da müsste es doch möglich sein, aus 2 i.W. „single-issue-Parteien“ (leistbares Wohnen vs. Gesundheitssystem) eine starke linke Partei zu formen. Aber nein …

Ich sehe es schon kommen: die kommen beide auf 2, 3, 3,5 % der Stimmen und damit nicht ins Parlament. Aber die in Summe etwa 7% der verlorenen Stimmen fehlen z.B. der SPÖ auf den ersten oder zweiten Platz – und es steht eine VF-Koalition an. Dumm!

Ich erinnere mich an 1975: mein Studienbeginn in Innsbruck. Auch da gab es viele linke Gruppierungen: Maoisten, Trotzkisten, Kommunisten, Selbstverwaltungssozialisten. Unter den Maoisten gab es – glaub ich – 3 miteinander mehr oder minder verfeindete Gruppen: China-Maoisten, Viererbanden-Maoisten, freischaffende Maoisten. KB, BGI-ML, VRA. Das ist eine alte Krankheit der Linken: Lieber das eigene Süppchen kochen. (Groß waren die Gruppen freilich nicht; manchmal sehr klein.)

(Die KPÖ ist mittlerweile einen kleinen Schritt weiter: sie ist zur KPÖ Plus mutiert, weil sie ehemalige junge Grüne aufgenommen hat: z.B. Schweiger; auch Dankl in Salzburg.)

Aber das Kochen eigener Süppchen kann sich doch 2024 nicht wiederholen!? Es ist derart peinlich … (Dabei haben KPÖ und Wandel zur Europawahl 2014 bereits auf einer gemeinsamen Liste kandidiert. War damals die Zusammenarbeit nicht „friktionsfrei“?)

KEINE von beiden

Armin Wolf bohrte dann bei Herrn Mulla vom Wandel noch ein bisschen nach: ob das nicht Bauernfängerei sei, als „KEINE“ auf dem Stimmzettel zu stehen. Herr Mulla wies das weit von sich: noch jeder habe verstanden, wie das gemeint sei: „Keine der im Nationalrat bereits vertretenen Parteien“.

Ich habe keine Ahnung, wie viele Menschen Herr Mulla diesbezüglich konsultiert hat, aber das ist mir auch egal. Tatsächlich ist es ein übler Trick: man hofft darauf, dass Menschen „KEINE“ ankreuzen, weil sie keine Partei wählen wollen. Das ist „Bauernfängerei“; anders kann man es nicht nennen. Das kann man nicht unterstützen.

Das Gesundheitssystem

Im Übrigen finde ich es skandalös, das österreichische Gesundheitssystem als schlecht zu verunglimpfen. Ich bin 67, ich habe Wehwehchen und alte Leiden, und ich bin nicht zusatzversichert. Ich habe eine ausgezeichnete Hausärztin, die mich vor ihrem Urlaub anruft, ob ich noch was brauche. Ich bin an der Innsbrucker Klinik in einer Ambulanz in bester Behandlung: für heute hatte meine Ärztin noch einen Orthopäden beigezogen. Ich bekomme die Termine, die ich brauche, durchwegs in akzeptabler Zeit.

Ich kenns auch aus der Distanz: mein Sohn und meine Schwiegertochter arbeiten in der Krankenpflege, und zwar äußerst engagiert und reflektiert. Ich bekomme ein bisschen was von der Belastung mit. In Summe: wir haben ein hervorragendes Gesundheitssystem; und ja: wir werden noch mehr kompetente Pflegekräfte brauchen.

Klar gibts manchmal auch Engpässe; das ist unvermeidbar. Klar war Corona ein völlig neuer Fall und wir waren darauf nicht gut vorbereitet – wie alle Welt übrigens. Klar passieren ab und zu auch Fehler: wie überall. Und leider gibt es mittlerweile auch Patienten, die verbal unhöflich oder geradezu grob sind. Ich habe festgestellt: wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.

In Summe

Also den Wandel wähle ich sicher nicht. Das ist ein völlig unseriöses Projekt. Die KPÖ Plus ist für mich da eher überzeugend, aber mindestens mit dem Klimaprogramm bin ich ziemlich unzufrieden.


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Fayad Mulla
Fayad Mulla
4 Monate alt

Die Liste KEINE VON DENEN hat wie jede andere Partei eine Listenummer, eine Lang- und Kurzbezeichnung und darunter stehen die Kandidat:innen.

Wie soll das jemand mit der in Österreich inexistenten und daher unbekannten Option „Ungültig“ verwechseln?

Also runter vom Ross. Es sind nicht immer alle anderen zu deppad zum Wählen.

Mit dieser arroganten Einstellung treibt man die Wähler:innen geradezu in die Arme der FPÖ.

PS: Warum es keine Kooperation gibt, haben wir auch hier öffentlich erklärt. Die KPÖ hat einfach 2,5 Jahre jedes Gesprächsangebot verweigert: https://www.derstandard.at/story/3000000226167/linkspartei-wandel-will-unter-dem-namen-keine-von-denen-auf-dem-stimmzettel-stehen

hellvis
hellvis
2 Monate alt

auch wenn ich morgen KPÖ wählen werde, kann ich Ihrem Text inhaltlich zustimmen, ich sehe es auch als falschen Weg, sich kleinstteilig konkurrenz zu machen. Es braucht eine starke linke Partei, wobei das links sein nebensächlich ist, der Fokus sollte auf soziales liegen, also leistbares Wohnen, leistbare Gesundheit, usw. Der Name KPÖ verursacht sogar bei mir als KPÖ-Wähler einen schalen Nebengeschmack, ebenso finde ich den namen Keine von denen affig. Eine linke, geeinte Partei beispielsweise mit dem Namen „Sozialer Wandel“, „Neue Linke“, „Sozialer Fortschritt“ usw. wäre wünschenswert und wahrscheinlich mit einem starken sozialen Programm für die Menschen in diesem Land… Mehr »

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