michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

Fatima. Leyla. Und das Kopftuch

„fatima“

vor 1, 2 jahren kam eine schülerin eines innsbrucker gymnasiums zu mir, um sich am abendgymnasium anzumelden, nennen wir sie fatima. türkische muttersprache, aber ausgezeichente deutschkenntnisse. österreichische staatsbürgerschaft, hier aufgewachsen. muslimin, aber ohne kopftuch. ein alltäglicher fall.

am tag nach der anmeldung kam fatima mit kopftuch, eng ums gesicht gesteckt, aber das gesicht gut erkennbar. und seither immer und konsequent.

sie ist eine ausgezeichnete, vife studierende und hat schon einige erfolge eingefahren.

ich habe an sich nichts gegen ein kopftuch und mache auch sonst keine (oder kaum) kleidungsvorschriften. nur im unterricht und im direkten gespräch möchte ich das gesicht meines gegenübers sehen können. ich würde auch keine jungen männer mit verspiegelten sonnenbrillen unterrichten wollen oder boys mit motorradhelmen. ich brauche das gesicht des kommunikationspartners als mimisches element der kommunikation, damit ich ihn / sie richtig verstehe. auch und gerade im unterricht. ich habe maturanten schon gebeten, die baseballkappe bei der prüfung abzunehmen.

„leyla“

letzte woche kam fatima mit ihrer jüngeren schwester, leyla. leyla wollte sich anmelden. gleiches bild: fatima mit kopftuch, leyla ohne. wir besprachen anmeldung und einstufung; ich nahm leyla auf.

am tag darauf beide schwestern noch einmal bei mir: beide mit kopftuch.

ich habe mit beiden schwestern dann noch ein recht offenes und nettes gespräch geführt und habe nach den gründen für das kopftuch gefragt. sie haben u.a. davon erzählt, dass sie als „türkinnen“ an der alten schule verspottet worden seien.

kopftuch für erwachsene?

offenbar hats irgendwie damit zu tun, dass in einer schule für erwachsene jetzt doch das kopftuch nötig erscheint. eine ganz genaue erklärung hab ich dabei nicht herausgekriegt. ich weiß nicht, ob das jetzt ein „recht aufs“ oder eine „pflicht zum“ kopftuch ist. ich überleg mir, ob ich sie für den jahresbericht interviewen soll, aber ich möcht auf keinen fall irgendwelchen fundi-interpretationen des islam (oder irgendeiner religion) eine bühne bieten.

ich würd gern mehr davon verstehen.


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Whisker
Whisker
6 Jahre alt

> ich überleg mir, ob ich sie für den jahresbericht interviewen soll, aber ich möcht auf keinen fall
> irgendwelchen fundi-interpretationen des islam (oder irgendeiner religion) eine bühne bieten.

Naja, bedingt das eine zwingend das andere?
D.h. sollte sich beim Interview herausstellen, dass die beiden tatsächlich eine „fundi-interpretationen des islam“ vertreten würden: könntest du dann nicht einfach das Interview im Jahresbericht weglassen?

Whisker
Whisker
5 Jahre alt

Okay, da ist was dran. So ein Interview dann nicht zu bringen, dürfte nur die ultima ratio sein. Z.B. wenn dabei eine Organisation wie der IS verherrlicht werden würde, aber ich denke, das versteht sich eh von selbst. Kontroverse Standpunkte hingegen, die nicht ganz so weit ins Extreme tendieren, sollten und müssen geäußert werden dürfen, denn das muss eine offene und freie Gesellschaft aushalten und die Gelegenheit bekommen, sich dagegen zu wehren, indem diese Standpunkte dann z.B. durch Diskussionen widerlegt werden oder breite Ablehnung erfahren. Das erfordert jedenfalls einiges an Fingerspitzengefühl und auch den Mut, sich nicht z.B. durch Totschlagargumente… Mehr »

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