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Michael Bürkle

Klimaschutz im KPÖ-Programm

Vorgeschichte

Ich habe am 21. Juli angesichts der „Innsbrucker Stimme“, der Zeitung der KPÖ Tirol, der KPÖ mein Entsetzen darüber mitgeteilt, dass in der gesamten Zeitung, die offensichtlich auf den Nationalratswahlkampf ausgerichtet ist, die Begriffe Klimawandel, Klimaschutz bzw. Klimakatastrophe nicht vorkommen. Ich habe die Frage gestellt: „Seht ihr das nicht als Thema oder wollt ihr das völlig den Grünen überlassen?“ Das habe ich auch hier im Blog veröffentlicht.

Am 25. Juli habe ich eine Antwort bekommen und die auch im Blog publiziert. Sie ist unter dem Beitrag nachlesbar. Kurz: „Der Klimawandel ist für uns sehr wohl ein sehr wichtiges Thema. Es kann allerdings passieren, dass er nicht in jeder Ausgabe einer Lokalzeitung vorkommt.“

Das Klimaprogramm der KPÖ Plus

Ja, es gibt ein Wahlprogramm der KPÖ Plus und ja, in diesem gibt es ein Kapitel zwischen den Seiten 14 und 18 unter dem Titel „3. Klima statt Konzerne schützen“. Ich habe dieses Kapitel in eine leichter zitierbare Form gebracht und lege das als pdf-Datei hier vor. Ich möchte das hier analysieren.

1. Teil 3 des Wahlprogramms der KPÖ Plus behandelt nicht nur den (menschengemachten) Klimawandel; es ist der Teil des Programms, der sich mit verschiedenen ökologischen Aspekten beschäftigt. Es werden 10 Forderungen aufgestellt, deren Bezug zum Klima deutlich abnimmt. Eine „Ausbildungsoffensive nachhaltige Technologien und gute Arbeitsbedingungen“ (Forderung 5) mag eine gute Sache sein, hat aber nur mehr am Rand mit dem Klimawandel zu tun; das „Verbot von Lebensmittelverschwendung“ (Forderung 8), die Forderung 9 „Gegen die Haltung von Schweinen und Mastrindern auf Vollspaltenböden“ und die Forderung 10 nach einem „einheitlichen Bundesjagdgesetz“ sind allgemeine ökologische Forderungen, die mit Klimawandel praktisch nichts zu tun haben.

2. Das KPÖ-Programm findet einen eindeutig Schuldigen: den Kapitalismus. „Die Klimakrise ist das Ergebnis der auf Profit und unendliches Wachstum ausgerichteten kapitalistischen Produktionsweise.“ Eine Verantwortung des Individuums wird verneint. „Statt Klimaschutz als öffentliche Aufgabe zu begreifen, werden wir aufgefordert, individuell ökologischer zu leben. […] Es sollte keine individuelle und von der Geldbörse abhängige Entscheidung sein, ob wir uns im Supermarkt für Fleisch mit mehr oder weniger Tierleid und mehr oder weniger Emissionen entscheiden.“

Natürlich ist der globale Kapitalismus, unsere globale Art und Weise Wirtschaft zu gestalten, der Hauptfaktor für den menschengemachten Klimawandel. Aber ich halte es geradezu für naiv, die Individuen en bloc „freizusprechen“. Wir brauchen beides. Klimapolitik hat meines Erachtens globale, nationale, regionale, kommunale und individuelle Aspekte. Wir müssen auch scheinbar angenehme, „bequeme“ Gewohnheiten aufgeben – und müssen dabei nicht unbedingt auf Komfort verzichten. (Ich habe dazu einmal eine „Rätselgeschichte“ verfasst.) Ja, es ist (sehr oft!) eine individuelle Entscheidung, ob man mit dem SUV Milch holen fährt, ob man überhaupt einen SUV haben will, ob man Fleisch isst und kauft – und wenn ja, welches, ob man mit dem PKW oder dem Bus fährt, ob man fliegt oder mit der Bahn fährt. Wer das nicht sieht und sich auf die globale Wandlungsfähigkeit des Kapitalismus (oder auf die Weltrevolution) verlässt, ist verlassen.

3. Beim „Strompool Austria“ (Forderung 2), beim „Ausbau des öffentlichen Verkehrs“ und einem „sozialen Klimaticket“ (Forderung 3) und beim „Umbau schädlicher Industrien“ (Forderung 4) kann ich mich relativ leicht anschließen. Über das „mittelfristige“ Ziel eines allgemeinen Nulltarifs für die Öffis („Mittelfristig ist das Ziel, für alle Menschen in Österreich einen kostenlosen öffentlichen Verkehr zu schaffen“) muss man m.E. noch nachdenken.

4. Was mir abgeht: Forderungen nach der Förderung von genossenschaftsähnlichen Energiegemeinschaften; aber dieser Ansatz ist der KPÖ womöglich zu „individuell“. Man kann heute mit rel. wenig Geld in die Erzeugung und gemeinsame Verwertung von Solarenergie einsteigen – ob man dafür ein eigenes Dach hat oder nicht. Das ist primär nicht eine Sache des Kapitals, sondern des Willens.

5. Ein wirklicher Befund aus Sicht der KPÖ Plus zum Stand des menschengemachten Klimawandels erfolgt leider nirgends. Man begnügt sich i.W. mit dem Hinweis auf den Kapitalismus.

Zusammenschau

Ich finde die Ausführungen der KPÖ Plus zum Klimawandel bzw. zur Klimapolitik bemüht, aber unvollständig und z.T. naiv vereinfacht. Der Hinweis auf das Böse, den Kapitalismus, reicht nicht. Überzeugend finde ich das Programm an dieser Stelle noch nicht.


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[…] Also den Wandel wähle ich sicher nicht. Das ist ein völlig unseriöses Projekt. Die KPÖ Plus ist eher überzeugend, aber mindestens mit dem Klimapgrogramm bin ich ziemlich unzufrieden. […]

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