Münchner Sicherheitskonferenz 2025
Bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat der US-Vizepräsident J.D. Vance gestern eine ungeheuerliche Rede gehalten. Er hat seine europäischen Partner, besonders Deutschland, sozusagen einer Strafpredigt unterzogen: Europa, die EU, besonders Deutschland sei undemokratisch, weil Parteien wie die deutsche AfD aus der Regierungsarbeit „ausgegrenzt“ würden. Es dürfe keine „Brandmauern“ geben. Die US-Regierung hat damit in beispielloser Weise in den deutschen Wahlkampf eingegriffen; wenn sie Österreich bemerkt hätte, hätte sie sich wohl auch in die österreichischen Regierungsverhandlungen eingemischt.
[Das Ungeheuerliche ist die Anmaßung. Niemand hindert die AfD (oder die FPÖ) sich am demokratischen Prozess zu beteiligen. Aber niemand kann andere Parteien in Koalitionen mit denen zwingen.]
Müssen wir uns von Trump 2.0 eine Lektion in Demokratie geben lassen? Ausgerechnet von Trump? Immerhin ist die Rede von Vance entlarvend: die europäischen Rechtspopulisten aller Schattierungen dürfen sich nun auf Trump 2.0 berufen. Der sieht sich als einer von ihnen und er unterstützt sie.
Ein Kennzeichen davon: Trump 2.0 und Russland wollen über die Ukraine sprechen, nicht mit der Ukraine. Wir reden hier von einem autoritär geführten „Westen“; wir reden von einem „Westen“, der keine Gewaltenteilung mehr kennen will: der mit präsidentiellen Dekreten die Legislative aushebelt und Richter nach Gutdünken absetzen und einsetzen will. Und der auch die „vierte Gewalt“, die freien Medien, nicht mehr haben will. Ja, das hätten die europäischen Trumpisten auch gerne.
Der deutsche Kanzler Scholz hat Vance in die Schranken gewiesen. Wir Europäer – sinngemäß – regeln unsere Demokratie selbst und wir sprechen nicht über andere Länder, sondern mit ihnen. Wir halten uns an Gesetze, nicht an Dekrete.
Für Deutschland spitzt es sich zu: Will man ein Deutschland von Scholz & Merz & Habeck & Baerbock & Lindner (?) & Wagenknecht (?) & Reichinnek – oder eines von Weidel mit Trump im Hintergrund? Österreich hat sich einstweilen gegen Kickl / Trump entschieden.
Teilung
Wir erleben erste Reihe fußfrei die Spaltung des bisherigen „Westens“ in zwei Teile: einen parlamentarisch-demokratischen und einen, der die parlamentarische Demokratie zugunsten einer autoritären Führung aufheben will. Ob das dann „Faschismus“ im streng politikwissenschaftlichen Sinn ist? Ich weiß nicht genau: einige Merkmale des Faschismus sind im Trumpismus absolut gegeben. (Die Diskussion läuft noch; die Ereignisse sind noch zu frisch, um das absolut beurteilen zu können. Vielleicht ist die Diskussion aber auch zu akademisch.)
Die Aufhebung der Gewaltenteilung …
- Legislative: Gesetzgebung und -entstehung im Parlament,
- Exekutive: Gesetzesdurchführung in der Regierung / Verwaltung,
- Judikative: Rechtsprechung –
… ist bei Trump 2.0 aber i.W. bereits fortgeschritten. Trump 2.0 regiert mit Dekreten; Gesetze glaubt er nicht zu brauchen; Richter auch nicht. Es gibt noch Richter*innen, die sich dagegen auflehnen: sie werden z.T. unter Druck gesetzt und zum Rücktritt genötigt; Gesetze werden nicht eingehalten. Auch „die vierte Gewalt“ – die freie Presse – brauchen die Faschisten / Trumpisten / Anti-Demokraten nicht.
Die Teilung ist keine rein geographische. Trump 2.0 versucht in den USA eine autoritäre Führung am Parlament vorbei zu installieren; das ist relativ leicht, weil er im Moment die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat, aber die Frage ist auch in den USA noch nicht endgültig entschieden. In Europa gibt es rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien, die das auch wollen, aber noch nicht wirklich durchgesetzt haben – obwohl manche da schon sehr weit sind: Italien, Ungarn. Gerade ist aber die österreichische Variante bei ihrem Versuch noch eingebremst worden.
[Der Vollständigkeit muss man zugeben, dass auch die parlamentarischen Demokratien mit der Gewaltenteilung ihre Kompromisse eingehen: Gesetzesvorlagen werden de facto oft in Ministerien hergestellt: die Exekutive wird so legislativ tätig. Und die Legislative wird über Klubzwänge ausgehöhlt.]
Ein geeinter Westen?
Der niederländische NATO-Chef Mark Rutte hat noch vorgestern, am 13.2., gemeint, Putin sehe sich einem „geeinten“ Westen gegenüber. Der Mann hat noch nicht begriffen, was gerade passiert. Der Westen ist nicht mehr geeint, er ist geteilt. Ein Trump 2.0 versteht sich mit einem Putin sehr viel besser als mit all diesen Demokraten; beide hätten bei Bedarf auch irgendwo noch belanglose Alibi-Parlamente zum Vorzeigen. Allerdings ist der eine ein Narr, der andere ein Kriegsverbrecher – und schlauer ist der Kriegsverbrecher, fürchte ich.
Links:
US-Vizepräsident Vance und Elon Musk stellen Autorität der Justiz infrage