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Michael Bürkle

Gaza-Krieg: Doppelbindung

Ein „Stichpunkt“ von Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer hat mir zum Gaza-Krieg den folgenden Beitrag zur Verfügung gestellt. Es geht „um das heikle Thema, dass man zum Gaza-Krieg weder direkt noch indirekt was sagen soll“.

Helmuth Schönauers Beitrag

STICHPUNKT 24|45

Manchmal kein Senf dazu

Wie komplizierte Themen rezipieren, ohne in einen Wirbel zu geraten?

Im Netz ist dauernd was los, in unseren Köpfen aber nicht. Wir machen zwischendurch Pause, und der Diskurs geht an uns vorbei, während wir vielleicht Würstl mit Senf essen oder sonst was politisch Unkorrektes tun.

Jedenfalls haben wir in solchen Situationen keinen Senf, den wir dazugeben könnten. Wir müssen uns mit einem Reflex begnügen, mit dem wir jene Informationen ablegen, mit denen wir im Augenblick nichts anfangen können.

Manchmal verwenden wir den klassischen Dreischritt des Archivierens dazu:

Nachricht – Reflex – Beleg.

Nachricht

D: Antisemitische Taten seit 7. Oktober versiebzigfacht

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober hat es in Deutschland einen extremen Anstieg politisch motivierter Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt gegeben. Straftaten gegen Religionsgemeinschaften verdoppelten sich auf 7.029, meistens traf es dabei religiöse Repräsentanten.

red, ORF.at/Agenturen; 21/05/24

Reflex

Wer dazu Stellung nimmt, handelt vielleicht unbewusst antisemitisch, wer nichts dazu sagt, vielleicht ebenso.

Es handelt sich womöglich um eine klassische Doppelbindung in der Kommunikationstheorie. Das erklärt, dass die Statistik steigt und steigt.

Beleg aus Wikipedia

Der Adressat erlebt eine solche Doppelbindung als unhaltbar, unauflösbar, wenig durchschaubar und existentiell bedrohlich, weil:

1. ihm eine Wahl im Sinne der paradoxen Scheinalternativen tatsächlich nicht möglich ist,

2. er die der sprachlich korrekten Botschaft innewohnende Paradoxie nicht erkennen kann/darf (z. B. unterstützt durch Verbot einer Metakommunikation),

3. er sich aber aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses gezwungen sieht, der Aufforderung dennoch zu entsprechen und

4. er die Situation nicht verlassen kann.

Helmuth Schönauer, Schriftsteller 22/05/24

Meine Position

Ich kenne das Problem natürlich auch; ich hab mir bei vielen Stellungnahmen zum Krieg bzw. zu den Verhältnissen in Nahost auch sehr schwer getan. Für mich löse ich es nun so: Der Unterschied auf der Seite Israels zwischen „den Juden und Jüdinnen“ einerseits und der israelischen Regierung und ihrem Militär andrerseits ist streng zu beachten. Ebenso gibt es einen strengen Unterschied auf der Seite Palästinas zwischen „den Palästinenserinnen und Palästinensern“ einerseits und der Hamas andrerseits. Diejenigen, die sich als politische Vertreter aufführen, vertreten ganz sicher nie das Ganze. Und es kann sein, dass der Krieg „Israels“ (im Sinne von: der israelischen Regierung) gegen „die Hamas“ in Wirklichkeit ein Genozid ist, weil er nicht nur gegen die Hamas geführt wird, sondern vor allem gegen die palästinensische Bevölkerung.

Damit komme ich im Großen und Ganzen gut zurecht.


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