michael bürkle

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Michael Bürkle

Freiheitsberaubung als „Scherz“

Der Sachverhalt

Am Krankenhaus Hall (in Tirol) sollen 4 Pfleger eine Pflegerin gequält haben: in den OP gelockt, am Operationstisch fixiert und dann über 15 Minuten festgehalten und qequält haben.

Laut ORF-Bericht habe man sich von den 4 Männern mittlerweile bereits „getrennt“; die Frau befinde sich im Krankenstand. Das Ganze soll sich im Februar ereignet haben; die Männer wurden angezeigt; die Leitung hat reagiert – ich gehe in der Folge also davon aus, dass die Berichterstattung des ORF korrekt erfolgt ist und Tatsachen beschreibt.

Es gibt offenbar noch Gegenden, in denen erwachsene Männer das Quälen einer Frau als „Scherz“ auffassen wollen. Tirol (oder Teile davon) gehört offenbar dazu. Ich vermute, dass unter Jüngeren, noch-nicht-Erwachsenen so etwas auch noch öfter vorkommt – und auch deshalb sehr ernst genommen werden sollte. In allzeit zur Verfügung stehenden Videos kann man / Mann sich „inspirieren“ lassen; viele Junge drehen solche Videos mittlerweile selbst: das smartphone machts möglich.

Das ist das eine: der verstörende Sachverhalt an sich.

Die Reaktion des Krankenhauses

Der ORF zitiert den Pflegedirektor:

Im Bereich der Pflege sind über 80 Prozent Frauen und deshalb müssen wir ein sicheres und ungestörtes Arbeiten sicherstellen. Deshalb ist das Verhalten der Männer indiskutabel.

Das Verhalten der Männer sei „indiskutabel“, weil (!) in der Pflege „über 80 Prozent Frauen“ arbeiten. Echt? Wenn weniger Frauen im Pflegeberuf tätig wären: könnte man dann über das Verhalten der Männer „diskutieren“? Gäbe es dann pro und kontra?

Das Verhalten der Männer ist nicht nur „indiskutabel“: es ist als „Freiheitsentziehung“ ein Straftatbestand nach § 99 StGB und (laut Abs. 1) „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen“. Wenn das Verhalten „besondere Qualen bereitet“ oder [für das Opfer] „mit besonders schweren Nachteilen verbunden ist“, beträgt die Freiheitsstrafe (laut Abs. 2) ein bis zehn Jahre. Wir reden dann von einem Verbrechen.

Der Pflegedirektor ist ein junger Mann von 37; er mag bei der Formulierung der Aussage gegenüber dem ORF überfordert gewesen sein. Aber es sollte klar sein: es geht nicht darum, ob so ein Verhalten „indiskutabel“ oder „diskutabel“ ist; und es geht schon gar nicht darum, wie viele Frauen im Pflegedienst aktiv sind: ob das 80 oder 10 Prozent sind. Das sind völlig irrelevante Kriterien. Wir sprechen von einem Verbrechen.


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