michael bürkle

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Michael Bürkle

„Freier Hochschulzugang“?

Die Grünen machen mich heute per Rundmail darauf aufmerksam, dass sie im Nationalrat eine Petition für einen freien Hochschulzugang eingebracht haben:

„Lieber Michael!
Du kannst jetzt mitentscheiden: Soll der offene Hochschulzugang bleiben, oder sollen nur mehr ein paar Auserwählte studieren dürfen?
Wir denken: Bildung ist ein Menschenrecht. Wir wollen den offenen Hochschulzugang schützen.“

Auch der Verband sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) ist lt. Standard von heute (und im Gegensatz zum Kanzler Kern) für einen „freien Hochschulzugang“.

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Die Grünen haben ihrer Petition als Begründung ein Papier der GrAS (Grün-Alternative Studierende) beigelegt. Dieses Papier bezieht sich auf einen freien Hochschulzugang nach Hertha Firnberg 1970 („Ziel: Akademische Bildung für alle, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder sozialem Hintergrund“) und wendet sich gegen „Studienplatzfinanzierungsmodelle“ der aktuellen SP-VP-Koalition (unter Kern / Mitterlehner). Es wendet sich auch gegen „Aufnahmetests“, „Studieneingangsphasen“ und „Zugangsbeschränkungen“ und endet mit „Wir fordern den Nationalrat auf, sich zum freien und offenen Hochschulzugang zu bekennen und die Umsetzung des selbigen mit ausreichend finanziellen Mitteln voranzutreiben.“ Die Grünen fürchten mit Bundessprecherin Glawischnig und Wissenschaftssprecherin Maurer überhaupt, dass „nur mehr ein paar Auserwählte studieren dürfen“.

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Sollen alle Menschen an die Uni gehen können? Nirgends ist von einem Reifezeugnis die Rede. Soll das noch vorausgesetzt werden? Schon heute kann man mit einer Studienberechtigungsprüfung studieren – ohne Reifezeugnis. Man kann (in Österreich, international nicht) mit einem „Berufsreifeprüfungszeugnis“ studieren, das doch auf wesentlich anderem Weg und mit wesentlich anderen (deutlich schwächeren) Voraussetzungen entstanden ist als ein Reifezeugnis. Soll man schon mit einem Pflichtschulabschluss studieren dürfen? Reicht auch schon der Volksschulabschluss? Ist nicht einmal der nötig? Sollen „alle studieren dürfen“? Wär das sinnvoll? Ist das gemeint?

Brauchen wir keine Reifeprüfungen, keine höheren Schulen mehr? Als Leiter eines Gymnasiums kann ich das nicht unterstützen. Die höheren Schulen machen gute, notwendige, brauchbare Arbeit. Nicht immer, gewiss, aber sehr oft.

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Der Hinweis auf den Hochschulzugang nach Firnberg zeigt offenbar, dass die Abschaffung der Reifeprüfung hier nicht wirklich gemeint sein wird. Ein freier Hochschulzugang ist offenbar nicht einer ohne (wenigstens eine Art von) Matura. Ich find das wichtig, denn ich weiß, dass unsere höheren Schulen viel Vernünftiges und für ein Studium Brauchbares vermitteln. Wir am Abendgymnasium Innsbruck machen das jedenfalls. Studieren ohne Reifeprüfung und dem, was vor ihr liegt, wäre sehr viel schwieriger als mit, denke ich. Ja, es gibt so etwas wie „Reife“.

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Wenn „freier Hochschulzugang“ meint, frei von Benachteiligungen durch „Geschlecht, Herkunft, Religion oder sozialen Hintergrund“ wie bei Hertha Firnberg – dann bin ich auch dafür. Das find ich gut.

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Einige Feststellungen drängen sich mir auf:

  • Was „frei“ bedeuten soll, bleibt bei den Grünen, bei der GrAS, beim VSStÖ relativ offen. Ist die Unklarheit Absicht? Das weiß ich nicht. Soll’s auch der Matura an den Kragen gehen? Das wäre schlecht, finde ich. Schon die Berufsreifeprüfung finde ich eine relativ dubiose Angelegenheit, obwohl ich Menschen kenne, die solide und erfolgreich studiert haben, obwohl sie „bloß“ eine BRP hatten.
    Meines Erachtens brauchen wir die höheren Schulen und ihre Leistungen weiterhin. Dringend! Nichts gegen eine Arbeit an der Verbesserung dieser Schulen.
  • Die Grünen bringen eine Petition ins Parlament ein und legen als Begründung ein Papier der GrAS bei. Der Zeitpunkt: kurz vor den ÖH-Wahlen. Soll das Schub für den ÖH-Wahlkampf der GrAS erzeugen? Das hieße, ein wichtiges Thema für einen Wahlkampf zu instrumentalisieren. Das fänd ich sehr … „gewöhnlich“; so machen das alle etablierten Parteien. Keine besonders glaubwürdige Angelegenheit.
  • Wer spricht hier für die Grünen? Auf jeden Fall zunächst einmal die Bundessprecherin Glawischnig. Dann auch die Wissenschaftssprecherin Maurer. Der Bildungssprecher Walser ist hier nicht präsent. Warum nicht? Betrifft’s ihn nicht? Ist er hier uninteressant? Braucht den Platz die Bundessprecherin? Auf dem Blog von Walser ist momentan zum „freien Hochschulzugang“ jedenfalls nichts zu finden.
  • Erzeugt die Präsenz Glawischnigs für die GrAS anhand eines Papiers der GrAS Schub für die GrAS? Nach der Katastrophe mit den Jungen Grünen und den Grünen Studierenden? We will see.
  • Ist die grüne Schreckensvision, dass „nur mehr ein paar Auserwählte“ studieren werden dürfen, glaubwürdig? Oder soll das „positiver Populismus“ sein? „Linker Populismus“ gar? Ich weiß nicht; die Formulierung ist jedenfalls massiv überzogen; sie ist populistisch.
  • Ein Parteiaustritt schützt einen nicht vor Grünen Rundmails.

 


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