michael bürkle

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Michael Bürkle

FPÖ will Schriftsteller klagen

Laut Standard und anderen Medien will die FPÖ den Schriftsteller und vielfachen Literaturpreisträger Josef Winkler wegen „Verhetzung“ (§ 283 StGB) klagen. Josef Winkler hatte sich am 24. April bei einer Festrede recht vehement und sehr ironisierend gegen die Politik der FPÖ vor allem unter Jörg Haider gewandt.

Ich wünsche mir diese Klage. Sie wird dazu führen, dass die FPÖ grandios einfährt und einiges an Prozesskosten zu blechen hat. Ich bin andrerseits gern bereit, für einen Prozessfonds für Josef Winkler zu spenden.

Ich habe die Rede von Josef Winkler nicht zur Gänze gehört, nur einen relevanten Ausschnitt. Ein Transkript davon gebe ich hier wieder:

Lassen Sie sich das gesagt sein, meine Damen und Herren von der FPÖ: Die wahren Kärntenhasser sind selbstverständlich diejenigen, die dieses schöne Land in den Ruin getrieben haben. Und wenn die Republik Österreich den durch das Hypo-Desaster entstandenen Kärntner Schuldenberg in der Höhe von ungefähr 10 Milliarden Euro nicht aufgefangen hätte: gäbe es heute vielleicht noch eine offene Schule oder ein offenes Krankenhaus in diesem Land? Wenn vor uns die Sintflut ist, dann drehen wir uns einfach um: dann ist hinter uns die Sintflut. Das scheint die Devise bestimmter Herrn von der FPÖ zu sein. Wenn vor uns die Sintflut ist, dann drehen wir uns einfach um: dann ist hinter uns die Sintflut.

Und wenn Sie mich noch mehr reizen wollen mit Ihrer Unterstellung, dass ich, der seit einem halben Jahrhundert in diesem Land lebt, ein Kärntenhasser sei, dann sage ich Ihnen, dass ich eigentlich dafür bin, die Urne des verstorbenen Landeshauptmannes in eine bewachte Gefängniszelle zu verlegen, denn es könnte ja sein, dass er wie ein Phönix aus seiner Asche steigt und wieder sein Unwesen treibt und als blaues Wunder verkauft, denn schon zu seinen Lebzeiten hat er öfter gesagt: ich bin weg, ich bin wieder da, ich bin weg, und gleich wieder da.

Was ist dem gegenüber im Strafgesetzbuch „Verhetzung“? § 283 sagt:

(1) Wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird,

1. zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder zu Hass gegen sie aufstachelt,

2. in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen, eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder

3. Verbrechen im Sinne der §§ 321 bis 321f sowie § 321k, die von einem inländischen oder einem internationalen Gericht rechtskräftig festgestellt wurden, billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt, wobei die Handlung gegen eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist und in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe aufzustacheln,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

Es wird der FPÖ schwer fallen, die glasklare Analyse Winklers zu den Folgen Haider’scher Politik als Aufforderung zu Gewalt oder Hass gegen eine gesellschaftliche Gruppe umzuwerten; es fehlen der FPÖ auch alle Merkmale der „Gruppe“, die das Gesetz nennt: „Religion oder Weltanschauung“: sicher nicht; „nationale oder ethnische Herkunft“: sicher nicht. Winkler greift eine Politik einer Partei an. Das ist erlaubt, auch unter einer FPÖ-Regierungsbeteiligung.

(Sollte sich natürlich die FPÖ als Haider-Religion verstehen und sich als das erweisen, könnte es für Winkler freilich eng werden.)

*

Nachtrag: In einem Punkt irrt Josef Winkler meines Erachtens. Ich hielte es z.B. für völlig verfehlt, die Urne Haiders in eine „bewachte Gefängniszelle“ zu verlegen. Das hat sich Kärnten nicht verdient, auch noch für die Asche Haiders Bewachungspersonal abstellen zu müssen. Und vor dem Phönix Haiders fürchte ich mich nicht; die Asche Haiders ist völlig normale Asche, ganz ohne Magie. Die Wiedergeburt Haider’scher Politik geschieht nicht aus Urnen inner- oder außerhalb von Gefängniszellen, sondern (wenn, dann) in der Bundesregierung. Aber vermutlich habe ich da Winkler’sche Ironie nicht vollständig gehört.

*

Noch ein Nachtrag: es gibt bereits einen Prozessfonds, für den man spenden kann: den für den Tiroler Publizisten Markus Wilhelm (dietiwag.org), der dubiose Machenschaften um den Intendanten der Festspiele Erl aufgedeckt hat und nun vom Intendanten (Gustav Kuhn) und von einem Mäzen (dem Bauunternehmer Haselsteiner) in die Knie geklagt werden soll: www.unterstuetze-mw.org/category/2018/. Eine Spende ist auch hier eine für die Freiheit der Presse.


Lit.: Josef Winklers Rede findet man im (ungefähren) Ganztext in der Kleinen Zeitung. (Der von mir zitierte Ausschnitt ist hier in meinem Blog aber genauer.)


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Whisker
Whisker
6 Jahre alt

Also alleine der Schluß Winklers, dass Kärnten „dank“ Jörg Haider und der FPÖ sozusagen „das Griechenland Österreichs“ werden hätte können, wenn nicht die Republik eingesprungen wäre, hat durchaus einigen Charme – und trifft genau ins Schwarze. *g*

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