Ich habe ein Gerichtsurteil vom 18.3.2019 in Händen, das aus einem der x Verfahren stammt, die der Industrielle Hans Peter Haselsteiner gegen den Tiroler Blogger Markus Wilhelm (dietiwag.org) angestrengt hat: es geht dabei um Korruption, gesetzlich nicht konforme Arbeitsverträge und um sexuelle Belästigung im Rahmen der Festspiele Erl. Haselsteiner versucht, den Blog Markus Wilhelms niederzuklagen und die finanzielle Grundlage des Bloggers zu zerstören.
Im Urteil komme auch ich vor.
Das Urteil ist an sich ein kleiner Teilsieg Markus Wilhelms. Zwar wird ein erstinstanzliches Urteil gegen ihn in den Punkten 1 und 2 „vollumfänglich bestätigt“, doch in weiteren 2 Punkten abgeschwächt. Haselsteiner ist mit einem Begehren auf Widerruf gescheitert.
Wie komme ich da hinein?
Auf Seite 5 heißt es im Urteil:
„Im Zeitraum 2. bis 5.5.2018 richteten [N1], [N2], [N3], [N4], [N5] und Mag. Dr. Michael Bürkle offenbar veranlasst aufgrund dieses Blogs des Beklagten an die verlinkte E-Mail-Adresse negative und verletzende Schreiben an den Kläger“
– dabei stehen [N1] bis [N5] für die aufgezählten Namen anderer Personen, „Kläger“ ist Haselsteiner, „Beklagter“ ist Wilhelm.
„negativ und verletzend“?
Was hatte ich Herrn Haselsteiner geschrieben? Ich hatte ihm am 2.5. geschrieben:
Sehr geehrter Herr Dr. Haselsteiner,
Sie haben sich in den letzten Jahren österreichweit einen ausgezeichneten Ruf als liberaler Unternehmer und als liberal denkender Mensch erworben. Sie haben Großartiges geleistet: Sie haben Ute Bock unterstützt; Sie haben gegen einen Öxit Stellung bezogen; Sie sind öffentlich in Inseraten gegen den Rechtspopulismus aufgetreten. Sie haben die Präsidentschaftskandidatur von Irmgard Griss unterstützt; Sie haben liberale Parteien unterstützt: das Liberale Forum, die NEOS, aber auch andere.
In Tirol sind Sie gerade dabei, durch Klagen gegen den Internet-Blog dietiwag.org Ihren Ruf nachhaltig zu beschädigen. Gewiss: Herr Markus Wilhelm (den ich persönlich nicht kenne und der von diesem Schreiben nichts weiß) hat die Tiroler Festspiele Erl angegriffen: er hat Ausbeutung von KünstlerInnen und sexuelle Übergriffe behauptet, außerdem Plagiate in der Dissertation des Intendanten. Er hat dafür Belege angeboten, die anonymisiert sind und die man vor Gericht klären könnte. Dort gehören solche Vorwürfe auch hin. Er hat auch Sie als „Sponsor“ der ÖVP „angegriffen“: das mag falsch sein; ehrenrührig wäre es nicht.
Sie sind Mäzen der Tiroler Festspiele Erl und haben ebenfalls den Blogger Wilhelm geklagt. Sie können sich diese Klagen locker leisten; für Wilhelm sind sie existenzbedrohend. Ich ersuche Sie in aller Form, Ihre Klagen gegen Herrn Wilhelm und den Blog dietiwag.org zurückzuziehen. Mit Ihren Klagen gefährden Sie ein wichtiges Tiroler Medium und die Liberalität in einem Land, das diese nicht gerade erfunden hat. Das wissen Sie selbst: Sie sind Tiroler von Geburt.
Hochachtungsvoll
Dr. Michael Bürkle
Dieses Schreiben bezeichnet das OLG Innsbruck als „negativ und verletzend“. Und begründet damit ein Urteil gegen Markus Wilhelm.
Ich verstehe die Welt nicht mehr. Wie kann man ein derart unironisch ehrerbietendes Schreiben als negativ und verletzend werten? Hat sich das Gericht das Schreiben überhaupt angesehen? Ich kann mir das nicht vorstellen.
Was ist von einem Urteil zu halten, das von so eklatanten Fehlverständnissen ausgeht?
Egal: auch die kleinen Teilsiege eines Herrn Haselsteiner kosten Markus Wilhelm Geld. Damit ein wesentlicher Teil einer Tiroler Gegenöffentlichkeit nicht niedergeklagt werden kann, braucht es Spenden. Ich rufe hiermit wieder einmal dazu auf, für den Prozessfonds Markus Wilhelms zu spenden:
http://www.unterstuetze-mw.org/ oder einfach an
IBAN AT66 1200 0100 2346 8571, Konto „Solidarität mit Markus Wilhelm“
Danke für die Erinnerung! Ich habe zwar schon vor ein paar Monaten einmal was gespendet, aber ich denke, Markus Wilhelm wird die paar Euro, die ich jetzt gerade überwiesen habe, wohl auch noch ganz gut brauchen können.
Und die Beurteilung deines Schreibens an Haselsteiner als „negativ und verletzend“ kann ich beim besten Willen nur als „außerordentlich seltsam“ bezeichnen.