Es ist fast eine allgemeine Wahrheit …
Man lernt: alle Menschen sind gleich, aber einige sind gleicher. Das gilt vor allem auch im Rechtssystem.
Auf Einladung von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat sich nun eine Kommission mit der (Un-)Gleichheit vor dem Recht beschäftigt. Die Kommission hat nun einen Bericht vorgelegt, zwar mit Schwärzungen für Passagen mit personenrelevanten Daten, aber immerhin …
Eine kurze Zusammenfassung: es gibt eine Zwei-Klassen-Justiz
Ich versuche, wichtige Stellen lesbarer zu machen:
„Aufgrund der […] bekannt gewordenen Vorwürfe und der […] breiten medialen und politischen Diskussion hat die Bundesministerin für Justiz […] eine unabhängige multidisziplinäre Untersuchungskommission […] eingesetzt. Erhebungsauftrag […] war es, aus dem Zeitraum vom 01. Jänner 2010 bis 14. Dezember 2023 staatsanwältliche Vorgänge auszuwählen sowie dahingehend zu untersuchen und zu analysieren,
a. ob von Personen, die dazu nicht berechtigt sind, versucht wurde, Informationen zu erlangen bzw. unberechtigt Informationen weitergegeben wurden;
b. ob in unsachlicher Weise Einfluss genommen wurde oder dies versucht wurde;
c. ob Auffälligkeiten im Verfahrensablauf eine versuchte oder tatsächlich unsachliche Einflussnahme nahelegen; sowie
d. ob Vorgänge ersichtlich sind, die jedenfalls heute mit den in der Justiz geltenden Compliance-Regelungen unvereinbar waren oder sonst bedenklich erscheinen.
Letztlich auch,
ob aufgrund sonstiger Vorgänge – insbesondere auch im Bereich der Justizverwaltung – in unsachlicher Weise von politischen Parteien oder einer diesen nahestehenden natürlichen oder juristischen Person Einfluss genommen oder dies versucht wurde.
Die Kommission kann bzw muss am Ende ihrer gut sechsmonatigen Arbeit in allen angeführten Punkten eine „positive“, weil zutreffende Befundung abgeben und legt dazu den vorliegenden Bericht.
[Bericht S. 7-8]
Ja, alles das kommt vor. Die Kommission hat zwar auch festgestellt, dass das österreichische Justizsystem ein „prinzipiell sehr gut funktionierendes“ sei, in dem „hochprofessionelles und engagiertes Personal“ arbeite. Trotzdem zeigen sich „in Einzelfällen“ „folgende Tatsachen und Pänomene“:
- eine nach Ansicht der Kommission höchst problematische, hier allgemein umschriebene „Zwei-Klassen-Justiz“, die schon in der bestehenden Rechtslage angelegt ist;
- (von beiden Seiten) das Fehlen ausreichender Distanz zwischen Politik (i.e. Legislative, Exekutive) und Justiz sowie fehlende Äquidistanz von Angehörigen der Justiz zu einzelnen politischen Parteien;
- (von beiden Seiten) das Fehlen ausreichender Distanz bzw ein problematischer Umgang zwischen Justiz und der „vierten Staatsgewalt“, den Medien (im Generellen) sowie fehlende Äquidistanz von Angehörigen der Justiz zu einzelnen Medien (im Speziellen);
- ein stark hypertropher, zeintintensiver, oftmalig ineffektiver und die unteren Instanzen teilweise frustrierender Instanzenzug („30-Augen-Prinzip“) im staatsanwaltlichen Verfahren (bei zum Teil mäßig ausgewogener, personeller Besetzung und geringem Einzelfallkenntnisstand auf den ansteigenden Hierarchieebenen);
- maßgebliche Transparenzprobleme und -defizite sowie ein „Verantwortungsnebel“ in der internen Umsetzung um im Umfeld mit /deliktischen sowie Compliance-)Verdachtslagen bei Innentäterinnen und -tätern;
- eine fragwürdige, oft völlig fehlende systemische Fehlerkultur bei fragwürdigen / fehlenden Mechanismen im Umgang mit (deliktischen sowie Compliance-)Verdachtslagen bei Innentäterinnen und -tätern;
- ein „Rechtsgrundlagennebel“ bzw allfällige Rechtslücken für den Abschnitt des strafprozessualen Verfahrens, der dem „Bundesminister für Justiz“ zugeordnet ist;
- ungelöste Problematiken (mit allfälligen Grundrechts- und Rechtsschutzauswirkungen) im Spannungsfeld von Fach- und Dienstaufsicht sowie Problematiken aufgrund spezieller gesetzlicher Bestimmungen […] und in der Anwendung interner Instrumente (insb Weisungswesen);
- parteipolitisch kontextualisierte Bestrebungen sowie konkrete Vorhaben zur Schwächung und finaliter Zerschlagung der WKStA.
[Bericht S. 8-9]
Ich denke: man kennt bzw. ahnt es; es ist nun belegt; damit besteht eine Aufgabe für die nächste Regierung, aus diesem Befund umsetzbare Maßnahmen abzuleiten. Es ist nicht zu tolerieren, dass einige „aus der Politik“ (Regierung = Exekutive, Parlament = Legislative) von „der Justiz“ (oder Teilen der Justiz) bevorzugt behandelt werden.