Eine Kunstform?
Karoline Edtstadler (ÖVP), die Verfassungs- und Europaministerin, die Dame mit dem eiskalten Lächeln, hat sich in einer altehrwürdigen Kunstform angestrengt: dem politischen Euphemismus. Da geht es darum, unschöne Dinge so zu formulieren, dass man kaum etwas dagegen sagen kann.
Edtstadler hat gemeint, man müsse „die Flüchtlingskonvention weiterentwickeln“. Und zwar, „um den Anforderungen unserer Zeit gerecht zu werden“. Denn die Flüchtlingskonvention stamme aus einer „vorglobalisierten Zeit“.
Wer kann da was dagegen haben? „weiterentwickeln“, „unserer Zeit gerecht werden“, „global denken“?
Hinter den Wörtern
Man muss hinter die Wörter blicken. Bastian Sick, ein renommierter Sprachkritiker, hat das gemacht. Man findet von ihm (neben schon berühmten Werken wie „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“) im Web „75 Euphemismen aus Alltagssprache, Wirtschaft und Politik“. Da findet man viel Vergleichbares: „alternative Verhörmethoden“ (für Folter), „Betriebsoptimierung“ (für Entlassungen), „Entsorgungspark“ (für Mülhalde), „event“ (für Veranstaltung), „facility manager“ (für Hausmeister), „Freisetzung“ (für Entlassung), „innere Sicherheit“ (für staatliche Überwachung), „Nachbarschaftshilfe“ (für Schwarzarbeit), „Preisanpassung“ (für Preiserhöhung), „Schadstoffemission“ (für Luftvergiftung), „Umsiedlung“ (für Vertreibung), „Umstrukturierung“ (für Entlassung) u.v.a.m.
Edtstadler-Updates
Die „Flüchtlingskonvention weiterentwickeln“ für Menschenrechte abschaffen ist da ein heißer Kandidat für ein Update von Sicks Liste. Den „Anforderungen der Zeit gerecht werden“ heißt da wohl Dinge, die einen Einsatz erfordern, wegrationalisieren. Und „aus einer vorglobalisierten Zeit“ heißt vielleicht einfach altmodisch.
Wenn ich daran denke, was noch alles „aus vorglobalisierter Zeit“ stammt … Da bleibt nicht viel übrig.