Man könnte anhand der Umfragen zur Gemeinderatswahl in Innsbruck annehmen, dass die Demoskopie (die „Meinungsforschung“) in eine Krise geschlittert sei. Die Wikipedia-Seite zur Wahl zeigt zwei Umfrageergebnisse: eines vom 25.3. des Instituts IMAD (im Auftrag von Grünen und SPÖ) und eines vom 2.4. von GMK (im Auftrag der Bezirksblätter).
Wenig stimmte!
Beide Umfragen liegen zum Teil meilenweit vom tatsächlichen Wahlergebnis entfernt.
IMAD hatte „Das Neue Innsbruck“ (bzw. die Liste Tursky (bzw. die ÖVP)) auf 14%, GMK auf 12-14%. Geworden sind es 10,2%. Für die Bürgermeisterwahl sah IMAD für Tursky 16% voraus – geworden sind es 10,6%.
Die Grünen hatte IMAD bei 16%; geworden sind es 18,9%. GMK lag mit „17-20%“ zwar ungenau, aber nicht wirklich falsch. IMAD sah für die Bürgermeisterwahl von Georg Willi 19% voraus. Geworden ist es deutlich mehr: 22,9%.
Die FPÖ hatten beide Institute um die 21%, auch bei der Bürgermeisterwahl. Geworden sind es 15,2 bzw. 15,9%.
Die Liste JA (Anzengruber) hatte IMAD bei 14%, GMK zwischen „15-17%“ und lag damit richtig: geworden sind es 16,8% – bzw. bei der Bürgermeisterwahl sogar unvorhergesehene 19,4%.
Die ALI hatten beide Meinungsforschungsinstitute unter 4% (IMAD bei 1%, GMK bei 2-4%); geworden sind es aber 4,8%.
Die SPÖ hatte IMAD bei 12%, GMK bei „13-15%“: geworden sind es 13,6%. Für die Bürgermeisterwahl sah IMAD für Frau Mayr 13% voraus: es wurde mit 15,2% spürbar mehr.
Kurz: die FPÖ und die ÖVP wurden deutlich überbewertet, die Grünen, die SPÖ, die ALI, auch die KPÖ wurden deutlich unterbewertet. Der Rest stimmte so halbwegs.
Die Ursache
Die Demoskopen veröffentlichen in aller Regel nicht die Daten, die sie empirisch-forschend (mehr oder weniger seriös!) ermittelt haben, sondern sie rechnen diese Daten irgendwie in „realistische“ Ergebnisse um. Dabei spielen die Wünsche der Auftraggeber unter Umständen eine Rolle – die bezahlen ja für die Umfrage. Dabei spielen auch mehr oder weniger plausible Annahmen oder sogenannte „Analysen“ eine Rolle. Jedenfalls bekommen wir praktisch nie die „Rohdaten“, sondern immer nur „bewertete“ (also veränderte!) Daten zu Gesicht.
Das geht oft gut; das geht manchmal aber auch grandios daneben. Speziell dann, wenn sich durch das Auftreten neuer Parteien oder Listen die Verhältnisse ändern, können die Demoskopen nicht wissen, wie sie ihre Rohdaten einschätzen sollen. Wenn die Verhältnisse „stabil“ sind, können die Demoskopen genauer prognostizieren – aber dann kann das jeder vernünftige Mensch selber auch.
Was lernen wir daraus?
Wählen ist unersetzbar. Auf Umfragen kann man sich nicht verlassen. Die Demoskopie ist nicht in eine „Krise“ geschlittert, nein: die Demoskopie ist an sich nur so verlässlich wie die Menschen, die sie betreiben. Die Demoskopie ist keine Wissenschaft: sie ist der Blick in die Glaskugel. Wenn die Kugel klar ist, kann man vielleicht was erkennen; wenn die Kugel trüb ist, kann man alles Mögliche „sehen“.
Nicht zur Demoskopie gehört das Video von Herrn Gerald Depaoli vom sogenannten „Gerechten Innsbruck“:
Liebe Innschbrugger, es habts uns, es habts Leit wia miar sein, mit Handschlagqualität, boudenständig und ruschtikal, es habts uns gor ned verdient.
Wo er recht hat, hat er recht. Innsbruck hat sich den Herrn Depaoli wirklich nicht verdient. Beim Zorn des Herrn D. bekommt der Sager von der Handschlagqualität gleich eine zusätzliche Bedeutung.