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Michael Bürkle

Brasilien: Abholzung geht zurück

Eine positive Meldung / Ein halber Erfolg

Gestern eine positive Meldung in ORF online über Brasilien: „Starker Rückgang bei Amazonas-Abholzung“. Im Text heißt es noch: „Nach Angaben der Regierung sei die Abholzung dort in den ersten sechs Monaten der Amtszeit von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2022 um 33,6 Prozent zurückgegangen“.

Ist das nicht großartig?

Naja: es ist bestenfalls ein erster Schritt. Auch ein „starker Rückgang der Abholzung“ bedeutet immer noch: Abholzung. Und der tropische Regenwald ist ein CO2-Sauger für die ganze Erde; ohne ihn gehen wir ein: alle.

Dabei ist die Meldung noch überraschend. Am Anfang des Jahres hatten noch ganz andere Nachrichten beunruhigt: „Abholzung im brasilianischen Regenwald auf Rekordhoch“ am 10.3., „Brasilien: Abholzung im Amazonas nahm im März zu“ am 8.4.

Exkurs in die Differenzialrechnung für mathematisch interessierte Personen:
wenn eine Funktion W den Waldbestand Brasiliens anzeigt, ist W‘ die momentane Veränderung = die Ableitung davon. Dass es um Abholzung, also um eine Verminderung  des Bestands geht, heißt dann mathematisch
W‘ < 0.
Die Kurve des Bestands fällt. Dass sich die Abholzung vermindert, also als negative Zahl an Betrag verliert und also „größer“ wird, ist dann:
W“ > 0.
Wir sind im fallenden Teil von W, aber wir gehen auf eine Senke zu. Nach dieser könnte der Bestand wieder steigen.

In Zahlen

Um welche Mengen geht es? Der ORF-Artikel nennt als Quelle einen der BBC. Laut diesem schrumpfte der Regenwald im ersten Halbjahr 2022 unter Bolsonaro um 3.988 km², während es 2022 „nur“ mehr 2.649 km² waren. Aber: er schrumpfte. Man könnte sagen: die Regierung Lula ist auf dem richtigen Weg, aber sicher noch nicht am Ziel angekommen. (Das Ziel ist laut BBC-Artikel das Ende der Entwaldung im Jahr 2030.)

Verständnis

Warum wird in Brasilien Regenwald abgeholzt? Das hat mehrere Gründe und die haben auch mit dem Sozialsystem Brasiliens, der permanenten Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit und – last not least – mit uns im globalen Norden zu tun. Man wird also von Präsident Lula keine Wunder erwarten dürfen bzw. könnte der globale Norden (= „wir“) bei Wundern durchaus unterstützen.

„Es gibt unzählige Ursachen dafür, weshalb der Regenwald abgeholzt wird. Die Haupttreiber der Entwaldung sind jedoch die Rinderhaltung, der Sojaanbau, das Ernten von Tropenholz, Palmölplantagen, Holzplantagen zur Papierherstellung, Infrastrukturprojekte, zu denen auch Staudämme gehören und der Abbau von Rohstoffen wie Öl, Coltan oder Gold.“

Also mindestens am Sojaanbau, am Tropenholz, am Palmöl, am Öl, am Coltan (Tantal für die Mikroelektronik) und am Gold haben wir im Norden eine globale (Mit-)Verantwortung.


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