Rückschau
Ich bin seit meinem ersten „richtigen“ Gehalt 1979 Kunde der Postsparkasse P.S.K.: das war die „Hausbank“ der Republik und ich wollte einfach an jeder Post in Österreich meine Bankgeschäfte erledigen können.
2005 wurden die P.S.K. und die Gewerkschaftsbank BAWAG („Bank für Arbeit und Wirtschaft“) verschmolzen und ich wurde Kunde der BAWAG PSK. Kein Problem: Staat und Gewerkschaft. Aber schon 2006 änderte sich das: die BAWAG hatte halsbrecherisch-spekulative Verlustgeschäfte (BAWAG-Affäre) gemacht; ein ÖGB-Präsident musste zurücktreten und sein Nachfolger verkaufte die Bank an Cerberus – nicht an den Höllenhund, sondern an die „Cerberus Capital Management“, eine Investmentgesellschaft. Die Hausbank der Republik blieb sie, aber die Gewerkschaft war weg. Ich überlegte mir schon damals Konsequenzen, nahm aber letztlich davon Abstand. 2017 erfolgte ein Börsengang; Cerberus zog sich zurück. Heute sind etwa 72% der Aktien im Streubesitz.
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Gestern brachte ORF online die Meldung, dass ein „Investor“ die BAWAG bei der Europäischen Bankenaufsicht angezeigt hat. Es geht dabei um die Unternehmensführung und um Geschäftspraktiken. Die Anzeige führte schnell zu empfindlichen Kursverlusten an der Börse (über 10%); die Bank konterte: die Kritik sei „inkonsistent, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend“. (Man bemerke, was nicht da steht: nicht, sie sei „falsch“.)
Der Kläger argumentiert, dass sich das Management der Bank bereichere und „die Bank in die Ecke der Instabilität“ getrieben habe. Laut Manager Magazin liegen offenbar wirklich exorbitante Gehälter der führenden Manager der Bank vor. (Für den Vorstandsvorsitzenden Anas Abuzaakouk im Jahr 2022 z.B. 9,44 Mio €, gefolgt von Sat Shah mit 7,47 Mio €, Andrew Wise, 7,01 Mio € usw. Die Manager im Vorstand sind meist „American“ mit einem B.Sc.; ein Österreicher und ein Deutscher sind im 6-köpfigen Vorstand dabei. Der Ösi hat einen Mag., der Deutsche sogar ein Doktorat. Abuzaakouk und O’Leary stammen aus Cerberus.)
Und es geht wieder um aufklärungswürdige Geschäftspraktiken. Und der Aktienkurs sinkt weiterhin.
Die Börsenverluste sind mir persönlich relativ egal: ich bin Kunde, nicht Aktionär der Bank. Ich würde mir allerdings eine Bank wünschen, in der ich Geld „sauber“ anlegen kann: wirklich nachhaltig, für ökologisch und sozial sinnvolle Zwecke. Da habe ich auch bereits vor Monaten eine Bankberaterin der BAWAG bemüht (und sie sich auch), aber großartig war das Angebot nicht. Wenn ich dementsprechende Vorstandsgehälter gegenüber stelle, ist das sehr unbefriedigend und ernüchternd.
Eine Nachfrage
Gestern um 10:19 fragte ich nach im bankinternen Mail-System:
ich bin bawag-kunde mit dem konto xxxxxxx.
ich ersuche um stellungnahme zu: orf.at/stories/3322245/. die bawag werde vom management in eine „Ecke der Instabilität“ gedrängt
michael bürkle
Also bis heute schweigt die Bank. Vielleicht muss ich mich nach einer anderen Bank umsehen. Ist halt mühsam.
Guten Tag Herr Bürkle,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht.
Ein Investor hat einen Bericht veröffentlicht, der widersprüchlich, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend ist. Dieser Investor hat seinen Bericht auch an die Europäische Bankenaufsicht (EBA) weitergeleitet.
Was wir dazu sagen können: Die BAWAG ist in einem stark regulierten Markt tätig und steht unter direkter Aufsicht der Europäischen Zentralbank – wir stehen in ständigem Kontakt mit den Vertretern der Aufsichtsbehörden. Als Kunde der BAWAG können sich darauf verlassen, dass Ihr Geld bei uns sicher ist.
Mit freundlichen Grüßen
B. W.
Team Customer Management
Retail Operations & Analytics
kundenservice@bawag.at
http://www.bawag.at
ich habe o.a. schreiben bereits am 3.7. erhalten, allerdings nicht als mail, sondern als „kontoservice“. da schau ich nicht jeden tag nach.
tatsächlich verwendet auch frau b.w. die formulierung, die anschuldigungen seien „widersprüchlich, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend“. in der offiziellen stellungnahme der bawag heißt es „inkonsistent, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend“. beide formulierungen vermeiden die klassifikation als „falsch“.