Ich habe in den letzten Wochen nichts über die geradezu erbärmliche Einstellung der Bundesregierung / der ÖVP / des Innenministers geschrieben, die / der fortwährend verlangt hat, dass weiterhin Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Es war mir irgendwie zu erbärmlich. (Außerdem hat sich herausgestellt, dass es sich sowieso nur um Nehammer’sches Getöse gehandelt hat: es wurde eh nicht abgeschoben, weil es in Afghanistan gar keine Landegenehmigung gegeben hätte.)
Nun dreht sich die Sache freilich um – und eigentlich schon seit Wochen. Die Taliban werden das Land wohl übernehmen: und das bedeutet eine Schreckensherrschaft für alle, die noch im Land bleiben (und selbst nicht der Taliban-Ideologie angehören). Das bedeutet eine Rückkehr in einen Mittelalter-Islamismus, der keine wirklich nachvollziehbare Bildung und keine Gleichberechtigung der Geschlechter kennt. Man kann afghanische Frauen und Kinder nicht einfach diesem Schicksal überlassen – wenn man sich als europäische Demokratie versteht. Man wird wohl auch Männer ausfliegen müssen, die mit den – ja: – Besatzungsmächten USA und EU zusammengearbeitet haben. (Die USA waren auch in Österreich Besatzungsmacht, als man noch den Nationalsozialismus und seine Folgen aufräumen musste.)
Es führt da kein Weg vorbei, wenn man als Europäer nicht völlig das Gesicht verlieren will. (Ich stelle mir Kurz und Nehammer gerade ohne Gesicht vor – schwierig, aber machbar.)
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Warum finden Idelogien wie die der Taliban in manchen Ländern so viele Anhänger? Weil diese Länder noch nicht wirklich aus dem heraußen sind, was man bei uns „Mittelalter“ nennen würde. Es fehlen ein paar Jahrhunderte Aufklärung. Die Gleichberechtigung der Frau ist z.B. in Mitteleuropa gute 100 Jahre alt; die letzten Hexenprozesse bzw. -verbrennungen waren vor etwa 250 Jahren. Das ist auch in Europa noch nicht so gefestigt. Die Praxis ist immer noch sehr patriarchal und die mildere & modernere Form der Hexenverbrennung ist der shit storm.