michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

Abschied von der LG.

Ich gehöre zur Vorletzten Generation …

Hanno Settele fragt Alexander Van der Bellen, was er zu einer 19-jährigen Klimaaktivistin sagen würde. Das zeigt: Hanno Settele hat offenbar wenig Ahnung, wer die Klimaaktivist*innen der Letzten Generation sind. Ich kenne mittlerweile einige aus der Innsbrucker Gruppe; die meisten sind zwischen 20 und 30, manche auch deutlich älter. Ich mit 65 bin in der Innsbrucker Gruppe vermutlich der älteste. Die LG ist aber nicht die Kids von Fridays for Future. Oder nicht mehr.

Aber bin ich überhaupt „Mitglied“ der LG? Ich habe nie ein Beitrittsformular unterschrieben. Ich war am 20.12. bei einem Vortrag, den die bekannte LG-Aktivistin Martha Krumpeck in Innsbruck hielt und habe nach dem Vortrag ein Kontaktformular ausgefüllt. Das sah etwa so aus:

Eine Beitrittserklärung war das nicht. Einige Tage nach Weihnachten bin ich dann von einem Aktivisten der LG angerufen worden – mit Bezugnahme auf meine Daten, die ich auf dem Kontaktformular ausgefüllt hatte. Kann sein, dass meine Antworten im Telefonat – ich habe bestätigt, was ich schriftlich ausgefüllt hatte – als eine Art Beitrittserklärung gewertet worden sind.

Schon lange davor, im Anschluss an die Straßenblockade in der Amraserstraße am 28.11., hatte ich Kontakt mit der LG aufgenommen. Ich wurde da schon einmal angerufen und relativ formlos in die Signal-Gruppe der „Keimzelle Innsbruck“ aufgenommen. Ich musste einiges umlernen und habe davon berichtet. Am Di 13.12. habe ich mich hier im Blog als Mitglied geoutet: „Soweit man ‚Mitglied‘ der ‚Letzten Generation‘ sein kann, bin ich es“. Da ging es darum, dass im Anschluss an Hausdurchsuchungen in Deutschland Solidaritätsadressen gefragt waren.

Was mich mit der LG verbindet

Mich verbindet mit der LG viel: das politische Ziel z.B. Wir wollen eine Kehrtwende der Klimapolitik um 180°, um die Biosphäre des Planeten für die kommenden Generationen zu retten. (Wenn wir der Bundesregierung zugestehen würden – z.B. wg. Klimaticket, dass sie wenigstens zu 20° auf einem vernünftigen Klimakurs ist, müssten es nur mehr 160° sein.)

Ich halte auch die Methoden der LG – Straßenblockaden, Blockaden von Kunstwerken – für legitim und für derzeit sinnvoll. Die Straßenblockaden der LG sind so konzipiert, dass Notfallfahrzeuge immer durch können. Die „Zerstörungen“ von Bildern sind so konzipiert, dass von einem Kunstwerk nichts zerstört wird, sondern nur die Betrachtung „blockiert“ wird, indem man eine Glasscheibe vor dem Bild einfärbt.

Die Maßnahmen sind sinnvoll; sie erzeugen ein erhebliches Medienecho und Druck auf die Regierung, in der Klimapolitik endlich substanzielle Fortschritte zu erzielen. Aber der Druck reicht noch nicht. (Sollten sich die Maßnahmen abnützen, müsste man sowieso neue entwickeln.)

Ich habe in der Innsbrucker Gruppe der LG, der „Keimzelle Innsbruck“, mitgearbeitet. Ich habe eine Veranstaltung mitorganisiert; ich habe telefonische Aufnahmegespräche mit Interessent*innen geführt – das heißt hier „RR“ als Abkürzung für „rebel ringing“, ich habe Papiere verfasst (z.B. zur Klärung juristischer Fragen), ich habe an Treffen teilgenommen, ich habe mitdiskutiert. Auf Vorschlag der „Zentrale“ habe ich eine Strukturgruppe ins Leben gerufen – die bereits eine „Keimzellenkoordination“ eingeführt und gefunden hat.

Ich habe einige Innensicht für die LG gewonnen.

Was mich an der LG stört

Allerdings verstören mich einige Erfahrungen, die ich innerhalb der LG sammeln konnte. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr jung genug bin, politisch anders sozialisiert worden bin und deshalb organisatorische Gegebenheiten in keiner Weise nachvollziehen kann & will. Ich bin heute sozusagen „ausgetreten“, obwohl ich streng genommen nie beigetreten bin.

Die wichtigsten organisatorischen Kritikpunkte habe ich der LG in einem eigenen paper hinterlassen. Hier nur die Überschriften – ich will der Organisation nicht schaden:

a) „Aktionshandys“

b) Strafen und „Opferbereitschaft“

c) die „legal strategy“

d) das „Karriereangebot“

e) die „Bienen“

f) Zentrale Strukturen

g) Die Technik der Organisation

Conclusio

Ich war bis heute sozusagen „Mitglied“ der LG. Mir passen die Ziele, mir passen die Methoden, aber ich habe erhebliche Bedenken bei den Organisationsformen.

Kann sein, dass ich zu alt bin, dass die Organisationsformen der LG für Menschen der Vorletzten Generation wie mich nicht geeignet sind. Aber ich habe Ansprüche an Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und an Transparenz. Das ist derzeit aus meiner Sicht nicht gegeben. Es gibt Anzeichen einer nicht hinterfragbaren Führungsstruktur. (Als „Erklärung“ würde mir dabei nicht reichen, dass man im permanenten Kampfmodus sei. Auch im Kampfmodus sind demokratische Strukturen wichtig.)

Man hätte von mir natürlich verlangen können, dass ich „drin“ bleibe und versuche, die Zustände zum Besseren zu verändern. Ich habe mir aber wenig Chancen ausgerechnet. Bisher habe ich auf Granit gebissen, wenn ich von der Linie abweichende Vorschläge gemacht habe.

Ich werde mir einen Ort suchen, an dem ich meine Arbeitskraft besser für eine grundlegende Wende der Klimapolitik einsetzen kann.

   


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[…] sehe da nichts „Elitäres“. Ich war selbst in der LG aktiv, habe mich aber aus bestimmten Gründen zurückgezogen. Nun bin ich bei den „Scientists for Future“ aktiv, einer Organisation, die aus den […]

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[…] der LG aus guten Gründen beendet und habe die Gründe dafür der LG auch mitgeteilt – und hier im Blog auch genannt, allerdings hier nicht […]

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