michael bürkle

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Michael Bürkle

„an Apokalyptisches gewöhnen“?

Klarstellung

Ich habe in meinem gestrigen Beitrag – Der Kanzler „staatsragend“ – dem Bundeskanzler angekündigt, dass er sich an Apokalyptisches gewöhnen wird müssen. Ist das nicht ein Widerspruch? Kann man sich an die Apokalypse, an den Weltuntergang „gewöhnen“?

Ich kann das erklären.

„Untergangs-Apokalypse“

Der Kanzler hat in seiner „Rede zur Zukunft Österreichs“ nach etwa 65 Minuten gemeint, dass es Aufgabe der politischen Verantwortlichen sei, dieser „Untergangs-Apokalypse, die gezeichnet wird, […] klar entgegenzutreten“. Nehammer erklärt hier nicht, welche Untergangsskizze er meint – es gibt viele. Eine Skizze, die Nehammer meinen könnte, ist die aus der Offenbarung des Johannes, die man auch als das „Jüngste Gericht“ vielleicht noch aus einem fundamentalistisch orientierten Religionsunterricht in Erinnerung hat. Von der spricht m.E. – außer ein paar Fundi-Sekten – niemand. Es geht viel banaler, „irdischer“.

Die reale „Apokalypse“

Wir gehen – nachgewiesen, naturwissenschaftlich berechenbar – auf eine Welt zu, die sich deutlich erhitzt, die also den Meeresspiegel steigen lässt, was viel Land kosten wird, was zu enormen Fluchtbewegungen führen wird; die Erhitzung wird – wie schon jetzt bemerkbar – zu enormen wirtschaftlichen Problemen führen, zu Erdrutschen, riesigen Überschwemmungen, enormen Waldbränden, lange andauernden Dürreperioden, also zu Ernteverlusten großen Stils und zu entsprechenden Hungersnöten, zu Trinkwassermangel, zur Verbreitung von Krankheiten, die in einer globalisierten Welt Pandemien werden können. Überhaupt werden sich Krankheiten, die wir schon aus dem „globalen Süden“ kennen, in den erwärmten „globalen Norden“ ausbreiten.

Das alles gefährdet nicht den Planeten an sich. Es schränkt aber den menschlichen Lebensraum, die Biosphäre gewaltig ein. Nein, wir gehen nicht auf die christliche Weltuntergangserzählung zu, auf ein „Jüngstes Gericht“, das Gut und Böse endgültig sortiert, sondern auf Jahrzehnte und Jahrhunderte, die unseren Lebensraum so verändern, dass wir ihn kaum wiedererkennen werden / würden, und es muss uns klar sein, dass um die letzten verbliebenen Lebensräume Kriege gekämpft werden.

Die reale Apokalypse ist ein langer, quälender, äußerst schmerzhafter und immer schmerzlicher werdender Vorgang.

„An Apokalyptisches gewöhnen“

Und so meine ich das, dass sich Herr Nehammer „an Apokalyptisches gewöhnen“ wird müssen, wenn sich bzw. er die von ihm skizzierte Politik fortsetzt. Es geht nicht um ein einmaliges Ereignis, um so etwas wie die Explosion des Planeten – wobei durchaus sein kann, dass in den Kriegen, die da kommen, Atomkraftwerke beschossen werden und auch Atombomben „explodieren“ – Atombomben gibt es nicht nur in den USA und Russland: auch im UK, in Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea; vielleicht bald im Iran. Es geht nicht um einen „Großen Knall“, um ein abruptes „Weltenende“; es geht um Jahrzehnte und Jahrhunderte von sich verschärfenden Krisen über Krisen, weil der Lebensraum immer knapper und knapper wird.

Nehammer ist 1972 geboren und jetzt ungefähr 51. Er hat mir gegenüber den Vorteil, dass er gute Chancen hat, diese Apokalypse als „Krisen über Krisen“ noch viel näher und enger und vor allem länger zu erleben als ich, der ich schon bald 66 bin. Um diesen Vorteil beneide ich ihn nicht.

Gibt es Lösungen?

Wir können unser Wirtschaftssystem umbauen, weg vom Verbrennungsmotor, der aus fossilen Treibstoffen Treibhausgase macht – und den auch Nehammer „retten“ will. Das wird nicht ohne gesetzliche Bestimmungen gehen; „rein freiwillig“ spielt sich das nicht. Gesetzliche Bestimmungen („Verbote“) sind an sich nichts Schlimmes: auch die Straßenverkehrsordnung StVO ist so etwas und nötig. Sie wird auch oft genug gebrochen, aber ohne sie wäre es katastrophal. (Wir könnten zur Vermeidung anderer Treibhausgase auch unsere Ernährung sinnvoller gestalten. Die notwendigen Verbote würde ich eher bei der industriellen Tierhaltung ansetzen als im Restaurant.)

Wir könnten auf E-Fuels, auf „grünen Wasserstoff“ als Treibstoffe ausweichen, wir können auf die Kernfusion hoffen, die als „Sonne auf der Erde“ sehr viel Energie zur Verfügung stellen würde, wir können mit Geoengineering die Erde so manipulieren, dass sie sich wieder etwas abkühlt – aber alles das braucht …

  1. Zeit (die wir nicht mehr haben)
    und
  2. selbst viel Energie (die wir noch nicht haben).

Das alles geht nicht schnell. Und wenn wir uns darauf verlassen – wie das Nehammer empfiehlt, werden die Probleme in der Zwischenzeit immer größer und größer. Also brauchen wir jetzt – jetzt! – das, was machbar ist. Dringend! Dafür kämpfen in verschiedenen Formen die Fridays for Future mit den Parents for Future, den Scientists for Future und mehreren anderen Organisationen „for Future“, die Letzte Generation und noch einige mehr: in Österreich der VCÖ, Global 2000, Greenpeace und in manchen Aspekten und für viele eigentlich zu wenig und zu wenig radikal auch die politische Partei Die Grünen.


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