michael bürkle

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Michael Bürkle

Kleines Corona-Update, 26.10.

Die Zweite Welle übertrifft die Erste Welle im Spätwinter um Größenordnungen. Bundesregierung und Landesregierungen sind sichtlich desorientiert: einerseits kann man die Infektionen nicht leugnen, andererseits will man „die Wirtschaft retten“ (was in Österreich Ende Oktober hauptsächlich heißt: „die Wintersaison“); drittens gibt es bereits relativ konkrete Ankündigungen von ExpertInnen und Landespolitikern, dass die Gesundheitssysteme allmählich an ihre Grenzen kommen.

Die absoluten Zunahmen sind enorm – man blicke z.B. nach Tschechien hinüber. (Die Tschechen sind uns gerade 2 Wochen voraus.) Der Maßstab meiner Grafiken hat sich geändert: nicht mehr die Erste Welle bestimmt die Maximalwerte auf der senkrechten Achse, sondern die Zweite Welle:

Verschiedene Wissenschaftler beruhigen aber: das sei nicht so schlimm. Man habe aus dem Frühjahr gelernt; man habe das im Griff. Aber auch die Wissenschaftler sind sich nicht mehr einig: es wird zugegeben, dass contact tracing nicht mehr funktioniert – das habe ich schon vor Wochen hier feststellen müssen. Die Bettenbelegung in den Krankenhäusern sei gesichert – oder bereits gefährdet.

Die relativen Zunahmen in Prozent steigen auch; das 7-Tages-Mittel liegt bereits bei 3,6%.

Und wir sind erst im Oktober; im Dezember und Jänner soll es noch schlimmer werden.

Auch die Zahlen der Verstorbenen zeigen ein deutliches Bild:

Man sieht sehr gut die Erste Welle: den starken Anstieg zwischen Ende März und Mitte Mai. Dann ein Dahintröpfeln an einzelnen Todesfällen über den Sommer – und nun wieder den Ansatz in eine exponenziell wachsende Phase, wie Mitte März, nur auf wesentlich höherem Niveau. Wo das enden wird, sagt bereits die Erfahrung, wenn man aus dem Frühjahr gelernt hat.

Hat da jemand gesagt, das Virus sei harmloser geworden?

(Ja, das Virus ist in vielen Fällen harmlos und in einigen tödlich. Seine Gefährlichkeit übertrifft die diversen Grippen um Größenordnungen.)

Die Ampel des Ministeriums zeigts auch schon drastisch (Stand vom 25.10.):

Die CSH-Ampel – es gibt sie doch noch! – ist noch etwas ehrlicher und klarer:

Wir werden um massive Maßnahmen nicht herumkommen, wenn wir nicht ein paar tausend Tote stillschweigend akzeptieren. Das wird die Frage: wie viele Corona-Tote akzeptieren wir für ein Überleben einiger (an sich nicht wirklich nötiger) Industriezweige?

Maßnahmen?

Die Schulen für Kinder und Jugendliche muss man nicht unbedingt schließen, nur in besonders extremen Fällen. (Die allgemeine Regel – „Schulen werden nicht geschlossen“ – ist aber sowieso eine reine Illusion; jetzt schon.) Schulen sind für Kinder und Jugendliche nicht sehr gefährlich, und Eltern sollen arbeiten gehen können.
Aber Schulen für Erwachsene – Abendgymnasien, Universitäten, Fachhochschulen, Erwachsenenbildungseinrichtungen – müssen völlig anders gesehen werden. Dort sollen berufstätige Studierende im Arbeitsprozess gehalten werden, indem man sie nicht in einen Präsenzunterricht zwingt. Dort muss ortsungebundener Unterricht die Regel sein! Präsenzunterricht gefährdet dort die berufliche Existenz der Studierenden. Erzwungener Präsenzunterricht ist dort die Basis für wirklich große Virencluster.

Vergesst Halloween! (Das ist sowieso nur aufgelegter Blödsinn. „Tradition“? Keine Spur!)
Vergesst Christkindlmärkte!
Vergesst Après-Ski. (Nichts gegen Schifahren, aber dabei bleibt es dann auch. Anstellen am Lift mit Abstand. Keine Party am Abend.)

*

ABER: Im Moment erreichen die Regierungen viele Menschen nicht meht wirklich. Wenn ich nachts vom Arbeitsplatz heimfahre, sehe ich raue Mengen von jungen Menschen in engen Gruppen und Grüppchen, ohne Abstände, ohne Masken – als ob es kein Coronavirus gäbe. Partytime! Es kann sein, dass ein exponenzielles Steigen der Todesfälle diese Leute zur Besinnung bringt – aber ich zweifle. Der Appell an die Einsicht scheint zu verpuffen; auch Österreichs oberster Infektiologe, der Leiter der AGES, Franz Allerberger, sagt bereits, dass sowieso alle das Virus bekommen werden – wenn sie nicht früher sterben.

Dann scheint es ja egal zu sein.

Nein, es ist nicht egal. Wenn ichs schon kriegen muss, will ichs zu einer Zeit kriegen, in der es ein funktionierendes Gesundheitssystem gibt. Wir müssen die Infektionen in der Zeit verteilen.


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