Anschließend an meinen Artikel von vorgestern möchte ich noch einige Beobachtungen und Vorschläge ergänzen.
Grüne und Jugend
Die Grünen altern und es gibt kaum ein systematisches Kümmern um eine Jugendorganisation. Das führt dazu – und ich habe das mehrfach erlebt, dass junge Leute, die bei den Grünen auftauchen, schnell in irgendwelche Parteifunktionen gewählt werden – und dann dort allein gelassen werden. Man kann als junger Mensch bei den Grünen schnell Landesausschussmitglied, Vorstandsmitglied, Mitglied des Erweiterten Bundesvorstands, NationalratskandidatIn, LandtagsabgeordneteR werden. Dort ist man dann allein und allzu oft überfordert und schmeißt dann schnell alles hin und verschwindet auf Nimmerwiedersehen.
Aber wie soll man sich um eine grüne Jugendorganisation kümmern? Sicher nicht so wie in im September in St. Gilgen, wo sich die (damaligen) Parteigranden Felipe, Lunacek und Steinhauser mit Resten der ehemaligen grünen Jugend und relativ jungen ParteifunktionärInnen trafen, bereits den Namen der neuen Jugendorganisation („Grüne Jugend – Grün-Alternative Jugend“) festlegten und ein 6-köpfiges Koordinationsteam aufstellten.
Eine Jugendorganisation kann nicht „top-down“ eingerichtet werden, sie muss „bottom-up“ wachsen. Man muss junge Leute über für sie interessante Themen ansprechen; man muss ihnen Freiraum (und damit auch Budget! über-) lassen, um ihre eigenen Vorstellungen zu entwickeln, auch wenn einem die nicht immer passen, man muss sich mit ihnen auseinander setzen und konfrontieren. Es habe einmal einen Landesgeschäftsführer gegeben, der bei Veranstaltungen der grünen Jugend als Referent und Diskussionspartner aufgetreten sei.
Basisdemokratie
Basisdemokratie ist zu erweitern um wesentliche Elemente direkter Demokratie, wie sie auch der bürgerliche Staat schon kennt. Das ist heute mit modernen Medien auch parteiintern gut organisierbar.
Basisdemokratie ist zu reduzieren um Exzesse wie Mitgliederkauf: eine Abgeordnete legt für 150 neue Mitglieder 1.500 Euro an Mitgliedsbeiträgen hin. Stimmrecht soll man sich nicht erkaufen können.
Grüne Landesversammlungen sollten – wie der grüne Bundeskongress – einem Delegiertensystem unterzogen werden. Jede Regionalgruppe bekommt nach Anzahl der Mitglieder eine bestimmte Delegiertenzahl. Diese Delegierten sind dann stimmberechtigt – nicht jene Mitglieder, die gerade da sind. Das würde dazu führen, dass in den Regionalgruppen Diskussion entsteht, wer DelegierteR sein soll und was von den Delegierten erwartet wird. Diese Diskussion ist gut. Man kann als Regionalgruppe diesen Delegierten auch Aufträge mitgeben. Man muss sich als Regionalgruppe dann auch um diese Delegierten kümmern. Wenn Grüne im Ausland wohnen, sollen sie sich einer Regionalgruppe nach eigener Wahl anschließen dürfen. Von mir aus kann gern jede und jeder an einer Landesversammlung teilnehmen, aber das Stimmrecht muss organisiert sein, nicht der Anreiseentfernung überantwortet.
Ich habe so ein Delegiertensystem für die Landesversammlung der Tiroler Grünen in meiner Zeit als Geschäftsführer einmal vorgeschlagen – das muss 2003 oder 2004 gewesen sein – und bin damit grandios eingefahren. Eine meiner Niederlagen als Geschäftsführer.
Ja, der grüne Bundeskongress soll weiterhin über über wesentliche Parteifunktionen beschließen können. Und: nein, ein Wahlprozess um jeden einzelnen Listenplatz sollte nicht der Bundeskongress vornehmen. Ich habe allzu oft ein geradezu entwürdigendes „Durchreichen“ von KandidatInnen erlebt, aus dem Menschen mit Beschädigungen hervorgegangen sind. Der Reißverschluss als absolutes Prinzip ist hinfällig, und doch ja: wir sollten darauf achten, dass auf wählbaren Plätzen Frauen und Männer gleichermaßen vertreten sind.
Ich denke, ein Spitzenkandidat / eine Spitzenkandidatin soll ein Team vorstellen – sagen wir Plätze 1 bis 10 für die Bundesliste. Dieses Team wird dann mit der Spitzenkandidatur gewählt. Das würde auch eher garantieren, dass einander ergänzende Kompetenzen vorhanden wären und nicht durch die vielen „Zufällen“ unterworfene Wahl im Nachhinein hergestellt werden müssen. Vergleichen wir es mit einer Fußballmannschaft: der Teamchef wird gewählt; er bekommt MitarbeiterInnen, aber niemand kommt auf die Idee, dass der Vorstand des Fußballbunds über jede einzelne Spielerposition abstimmt.
„durchreichen“? das geht so: ein mensch kandidiert z.b. um den 4. platz und verliert knapp. weil er ein mann ist, darf er dann erst wieder um den 6. platz kandidieren. seine kandidatur vorstellen darf er dann nicht mehr, weil er sich ja schon um den 4. platz vorgestellt hat. mittlerweile sind zu denen, die um den 4. platz ebenfalls verloren hatten, die dazu gekommen, die auch nicht 5. geworden sind und natürlich alle die, die ebenfalls 6. werden wollen. also deutlich mehr. unser kandidat verliert mit guter wahrscheinlichkeit wieder. und dann wieder um den 8. platz und so weiter. ich… Mehr »
> seine kandidatur vorstellen darf er dann nicht mehr, weil er sich ja schon um den 4. platz > vorgestellt hat. Hatten wir diese Regelung eigentlich 2002 auch schon? Ich glaube mich sehr dunkel zu erinnern, dass das damals anders war, aber ich bin mir da jetzt ziemlich unsicher. Obwohl: Dass man seine Kandidatur nur einmal vorstellen darf, ließe ich mir ja noch eventuell einreden. Denn wer z.B. dreimal für einen Listenplatz kandidiert, kommt damit dann letzten Endes auf die dreifache Redezeit wie die Konkurrenten um denselben Listenplatz. Und das klingt für mich etwas unfair. Es gibt allerdings ein noch… Mehr »
> Das führt dazu – und ich habe das mehrfach erlebt, dass junge Leute, die bei den Grünen > auftauchen, schnell in irgendwelche Parteifunktionen gewählt werden – und dann dort allein > gelassen werden. Oder junge Leute in diese Funktionen gewählt werden oder Jobs in der Partei übernehmen, bei deren Ansichten man gelegentlich befürchten könnte, man holt sich beim deswegen aufs Hirn greifen ein Schleudertrauma. Soweit ich mich erinnere, waren 2002 (=als ich bei den Grünen als Aktivist und Mitglied anfing), diejenigen, die studierten, dabei erste politische Erfahrungen in der GRAS sammelten und dann bei den Grünen direkt politische Ämter… Mehr »
> Ich denke, ein Spitzenkandidat / eine Spitzenkandidatin soll ein Team vorstellen – sagen wir > Plätze 1 bis 10 für die Bundesliste. Dieses Team wird dann mit der Spitzenkandidatur gewählt. Hmmm… Da besteht aber auch das Risiko, dass sich Spitzenkandidaten dann immer nur dieselben Leute für ihr Team aussuchen und sich damit auch wieder ziemlich fixe „Führungscliquen“ herausbilden können, die andere recht leicht bei einer Kandidatur behindern könnten. Denn wenn dich dann die „Chefin“ oder der „Chef“ des Teams nicht in sein Team hinein nimmt, kannst jede Hoffnung auf eine erfolgreiche Kandidatur für ein Amt begraben. Vielleicht wär eine… Mehr »
> Grüne Landesversammlungen sollten – wie der grüne Bundeskongress – einem Delegiertensystem > unterzogen werden. Okay, das klingt auf den ersten Blick recht interessant. Aber wie vermeidet man da Phänomene wie z.B. in den USA, wo ja bei den Präsidentenwahlen mit dem Electoral College ja eine Art von Delegiertensystem existiert und dadurch jemand eine Wahl gewinnen kann, ohne die meisten Stimmen auf sich zu vereinen? Würde man da zuerst in den Bezirks- oder Regionalgruppen abstimmen, welche Leute auf welchen Platz gewählt werden sollen, und die Delegierten sind dann an dieses Ergebnis gebunden? Oder sollen die dann völlig frei entscheiden dürfen,… Mehr »