Die FPÖ fordert in diesem Wahlkampf „ein faires Sozialsystem“. fair heißt im Deutschen etwa „den Regeln des Zusammenlebens entsprechend; anständig, gerecht im Verhalten gegenüber anderen“ (laut Duden) oder auch „gerecht, ehrlich, anständig“ (laut Wikipedia).
Was kann man gegen ein faires, gerechtes, anständiges Sozialsystem haben? Eigentlich nichts. Wenn man nur genau wüsste, was hier mit Fairness gemeint ist. Ich habe meine eigene kleine Befragung gemacht: genau konnte das niemand interpretieren.
Warum wird da überhaupt ein faires Sozialsystem gefordert, nicht einfach ein gerechtes oder anständiges? Naja: fair hat noch eine sportlich-kompetitive Nebenbedeutung; fair transportiert noch die Idee eines Wettbewerbs im Hintergrund. Und wie bringt man das nun in Zusammenhang? (Die FPÖ verlangt Fairness noch in anderen Zusammenhängen; auch in der Kampagne der ÖVP spielt Fairness eine Rolle.)
fair könnte bedeuten: jedeR bekommt das, was ihr / ihm zusteht. Oder: was er / sie braucht. Oder: was sie / er eingezahlt hat. Das bleibt beim Begriff Fairness offen – ich denke bewusst. Gerechtigkeit wäre umfassend, Fairness enthält undefinierte Einschränkungen.
Ein faires Sozialsystem zu fordern kalkuliert bewusst ein Missverständnis ein. In Zusatzforderungen wird klar: Flüchtlinge sollen aus dem Sozialsystem nichts (oder viel weniger) bekommen, weil sie nichts einbezahlt haben. Aber: Ein Sozialsystem, das allen (als Gruppe) nur so viel gibt, wie sie (als Gruppe) eingezahlt haben, ist keines mehr. In meiner Sicht ist Zweck eines Sozialsystems Risiken auszugleichen, nicht nur Eingezahltes zurückzuzahlen.
Ein faires Sozialsystem zu fordern heißt: ein wirkliches Sozialsystem abschaffen.