michael bürkle

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Michael Bürkle

Über Coolness

Ich verstehe den Tanz unserer gesamten Gesellschaft um das coole Kalb (oder das Kalb Coolness) eigentlich nicht. „cool“ ist englisch und heißt eigentlich „kühl“, eine gemilderte Form von „kalt“. Klar, jede Temperatur kann angenehm und das Richtige und unangenehm und das Falsche sein. Wenn Du aus glühender Sommerhitze in einen kühlen Raum kommst, ist das gut. Wenn der Raum allzu kühl ist, gehst Du gerne in die Sonne.

Aber cool? Warum ist es heute so wichtig, cool zu sein? Ich finde an sich menschliche Wärme wesentlich besser als „Kühlheit“.

In meiner Jugend sagte man noch „toll“ oder „sup’r“ / „suppa“ oder bereits „geil“. Dann kamen noch „urgeil“ und „megageil“. Jetzt ist es „cool“, auch mit „ur-“ und „super-“ fallweise.

Gleichzeitig ist manchmal auch wichtig, dass etwas „hot“ ist, heiß. Also was jetzt?

Coolness soll offenbar & eigentlich eine gewisse Abgebrühtheit zeigen, eine Unerschütterlichkeit. Man zeigt sich durch Entwicklungen der Gegenwart unbeeinflusst, unbeeinflussbar. Man bleibt eben cool. Man steht über den Dingen. (Aber in vielen Fällen heißt „cool“ einfach nur, dass man einer Sache – hm: – positiv gegenüber steht.)

Ist es vielleicht wichtig, den Anschein zu erwecken, über den Dingen zu stehen, weil wir in Wirklichkeit kaum je über den Dingen stehen, sondern meistens von verschiedenen, kaum beeinflussbaren Faktoren abhängig sind? Viel mehr als früher? Ist das neue Handy „cool“, weil es uns scheinbar unabhängig, aber in Wirklichkeit abhängig macht?

(1980 hieß es übrigens tatsächlich noch „kühl“, jedenfalls, wenn es sich auf „kein Gefühl“ reimen musste. Ich erinnere an „Blaue Augen“ von „Ideal“.)

Ich finde Coolness manchmal durchaus toll. Die Coolness der Kandidatin war wirklich eine und hat mir mächtig imponiert. Aber wie gesagt: menschliche Wärme find ich eigentlich besser und wichtiger.

Zwei Dinge noch: unsere Studierenden sind manchmal auch sehr „cool“. Sie werfen z.B. aus ihrer Bank einen Apfelbutzen über 3 Meter in den Müllkübel. Wenns daneben geht  – und das tut es oft genug – sag ich: „cool ist es nur, wenn man auch trifft“. Das hilft.

Und das zweite: es ist verdammt cool, Uncooles zu tun, wenn es denn wirklich nötig ist.


Eine musikalische Auseinandersetzung mit Coolness (und Werten an sich)  bot Prince mit „Kiss“ 1986: „Don’t have to be rich to be my girl, don’t have to be cool to rule my world.“ Das coole Video dazu (oder ist es nicht ziemlich „hot“?) findet man z.B. auf YouTube.

Prince ist letztes Jahr gestorben. Uncool! Lieber Gott, wenn es dich gibt, hab ihn selig, wenn du kannst.


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