michael bürkle

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Michael Bürkle

Islamophobie-„Skandal“?

Als Mensch, der im Alltag ohne Fernsehen auskommt, hab ich den „Skandal“ um den Islamopobie-Sager von Bundespräsident van der Bellen erst mit Verspätung mitbekommen. Der Bundespräsident soll das Kopftuchtragen für alle Frauen (!!!) gefordert haben. Nachfolgend ein entsprechender screen shot aus youTube von heute:

Tatsächlich: „Van der Bellen: ALLE Frauen sollen Kopftuch tragen !“; „Österreichs Präsident fordert Kopftuchpflicht für alle Frauen“.

Ich konnt’s nicht glauben und bin der Sache nachgegangen.

Tatsächlich hat van der Bellen bei einer vom ORF in Ausschnitten übertragenen Podiumsdiskussion folgendes gesagt:

Im Übrigen nicht nur muslimische Frauen: jede Frau kann ein Kopftuch tragen. Und wenn das so weitergeht – und damit bin ich schon bei der nächsten Frage, bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie – wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen – [smile] – alle!, aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.

Es ist also blanker Unsinn, dass van der Bellen eine Kopftuchpflicht für alle Frauen gefordert hat. Er hat lediglich unter gewissen Bedingungen prognostiziert, dass der Tag kommen werde (und zwar „wenn das so weitergeht“), an dem wir Frauen „bitten müssen“ …

Wenn man sich das am Video ansieht, bemerkt man auch das verschmitzte Lächeln des Bundespräsidenten an der Stelle [smile]. Es ist völlig klar, dass van der Bellen hier zuspitzt und die Ironie markiert.

Ja: wenn alle Deutschen Judensterne getragen hätten, wäre das ein wirksamer politischer Schritt gewesen gegen den Zwang für Juden, Judensterne tragen zu müssen. Hätte wäre. Das war allerdings nie der Fall und kann auch nicht der Fall sein. Das müsste auch der Dümmste mitkriegen.

Aber nicht, wenn es um den Islam, um Islamismus, um Muslime, um Kopftücher und um „Islamophobie“ geht – dazu noch unten.

Aber sogar die „seriöse“ FAZ hat van der Bellen wörtlich genommen. Strache, der Chef der rechts…äh…populistischen FPÖ hat sogar beinahe den Rücktritt von van der Bellen gefordert. Aber nur beinahe.

Sind die alle so dämlich? Verstehen die eine ironische Überzeichnung und historische Anspielung nicht?

Ja, die sind so dämlich. Denn das macht „Skandal“ und Schlagzeile und Auflage. Und „die Rechten“ glauben ja sowieso, was sie in ihren a…äh…sozialen Medien selbst verbreiten.

*

Und da kann man natürlich auch Bundespräsident van der Bellen einen Vorwurf nicht ersparen: Herr Präsident, die verstehen das nicht! Die nehmen Ihre Aussagen wörtlich. Und da genügt ein leichtes Aufziehen des rechten Mundwinkels nicht als Ironiesignal. Herr Bundespräsident: Sie müssten wissen, dass man da nicht reden kann wie mit vernünftigen Menschen. Wenn Sie sagen, dass der Tag kommen könnte …, dann ist das für die anderen die Forderung einer Kopftuchpflicht. Ja, die sind so dämlich. Die wollen das nämlich.

*

Der nicht ganz so dämliche Vorwurf an van der Bellen, der auch bisweilen erhoben wurde, war, dass er mit Islamophobie einen „Kampfbegriff“ des „politischen Islams“ verwendet habe. Naja: wenn man zuhört, merkt man, dass van der Bellen den Begriff aus einer Frage der Podiumsdiskussion aufnimmt. „Islamophobie“ ist sicher keine Phobie im engeren Sinn. „Islamfeindlichkeit“ wäre für das, was man meint, vermutlich die bessere Bezeichnung; die müsste man dann aber noch von „Islamismusfeindlichkeit“ unterscheiden.

(Ich z.B. bin kein Feind des Islams, ich habe überhaupt nichts gegen Muslime und Musliminnen, aber ich bin ein vehementer Gegner – von mir aus auch Feind – des Islamismus, einer Ideologie, die den Anspruch erhebt, die gesamte Gesellschaft: Recht, Bildung, Kultur, Kleidung … nach Prinzipien des Islams auszurichten.

Ich kenne viele Moslems, ich kenne keine Islamisten – außer einen vielleicht.

Ich bin katholisch erzogen worden, ich gehöre keiner Kirche mehr an und bin selbstverständlich auch gegen Ideologien, die den Anspruch erheben, die gesamte Gesellschaft nach katholischen Prinzipien oder nach den Prinzipien irgendeiner anderen Religion auszurichten.

Religion hat Privatsache zu sein. Punkt.)


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