Ein „Fall“
Der Standard hat lange und vermutlich gewissenhaft recherchiert. Er hat ermittelt, dass die Grüne Spitzenkandidatin zur EU-Wahl, Lena Schilling, gerichtlich zugestanden hat, die Äußerung, ein bestimmter (namentlich genannter) Mann sei gegenüber seiner Frau auf verschiedene Weise gewalttätig geworden und diese habe deshalb ein Kind verloren, nicht mehr zu erheben.
Dieses Verfahren ist gerichtlich abgeschlossen. So weit so gut. Es kann schon einmal passieren, dass man in gutem Glauben falsche Vorwürfe erhebt. Man muss lernen, das nicht zu tun. Damit kann man diesen „Fall“ abschließen, denke ich.
Gerüchte und Bedenken
Der Standard hat noch mehr zusammengebracht; die weiteren Ergebnisse verlaufen sich aber in Gefühlen. Schilling habe „viele Menschen verletzt“, sie habe „problematische Verhaltensmuster“, sie spiele „Personen gegeneinander aus“.
Das ist alles nicht objektiv verifizierbar. Die Interviewpartner*innen des Standard wollen anonym bleiben.
Lena Schilling ist politisch sehr aktiv. Eine junge Frau, die politisch so aktiv ist, kann sich damit schon Gegner machen. Der Standard sagt selbst: „Viele Vorwürfe gegen Schilling berühren deren Privatsphäre oder passieren zwar im politischen Kontext, aber zwischen Freundinnen und Freunden.“ Und: „Die allermeisten Interviewpartner eint die Sorge über Schilling. […] Für sie alle steht außer Frage, dass die 23-Jährige ein politisches Ausnahmetalent sei; charismatisch, engagiert und mit dem Willen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“
Was sein kann
Es kann sein, dass man einer jungen Frau Kommunikationsweisen, die in der Politik leider sehr üblich sind, „krumm nimmt“, obwohl man das bei einem Mann, egal ob älter oder jünger, kaum bemerkt und jedenfalls als ganz normal durchgehen lässt. Es kann auch sein, dass jemand eine allzu erfolgreiche Kandidatur durch im geeigneten Moment öffentlich geäußerte „Gerüchte und Bedenken“ zerstören will.
Was immer sein kann: dass man ein großes politisches Talent durch schnelle, große Karrieresprünge überfordert: „verheizt“. Ich hoffe, die Grünen haben hinter Lena Schilling ein gutes Team.