Die Warnung
Heute in ORF online: „‚Fatale Folgen‘: Warnung vor Mangel an Schuldirektoren“. Direktorensprecherinnen und -sprecher hatten an die Parlamentsparteien appelliert, „die Schulen besser bei ihren Herausforderungen zu unterstützen. Die Überfülle an Aufgaben sei für eine Einzelperson nicht schaffbar.“
Meine Erfahrung
Ja, es ist wie beim Lehrplan. Es kommen immer wieder Aufgaben auf die Direktorinnen und Direktoren zu und es fallen kaum Aufgaben weg. Ich habe das von 2016 bis 2022 selbst erlebt. Ich habe da das Abendgymnasium Innsbruck in die neue Reifeprüfung geführt – und gleichzeitig durch Corona. Ich hatte am Rande auch schon mit den Änderungen im Lehrerdienstrecht zu tun; wir haben als Schule neben der „normalen“ Reifeprüfung auch die Berufsreifeprüfung als Aufgabe bekommen. Und und und.
Als ich 2016 Direktor wurde, waren wir insgesamt viere: 2 Bewerberinnen und 2 Bewerber. Um meine Nachfolge im Jahr 2022 bewarb sich nur mehr eine einzige Person. Ich weiß von Schulen, wo es gar keine Bewerbung gab und man sich in mittelfristige Provisorien retten musste.
Insofern stimmt der Befund der Direktorensprecherinnen und -sprecher. Und sie zeigen ja eigentlich sogar die Lösung auf: Die Überfülle der Aufgaben sei „für eine Einzelperson nicht schaffbar“. Ja, stimmt. Das ist die Lösung. Nicht „Einzelpersonen“!
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Ich habe das – zunächst ohne tiefere politische Absicht – auch schon praktiziert. Durch Zufall (Erkrankung) hatte ich entdeckt, dass man sich als Direktor beim Maturavorsitz ersetzen lassen konnte. Ich habe das dann zur generellen Praxis erhoben und für den Maturavorsitz immer mehrere Kolleginnen und Kollegen gewonnen – freiwillig. Selbstverständlich bekamen die dann auch ihren Anteil am Prüfungsgeld; mit „Ehre“ allein ist die Sache unfair. Allerdings war es für die meisten immer auch eine Ehre, als Direktorin oder Direktor zu fungieren. Wir hatten dann bei allen Terminen einen „vielköpfigen“ Vorsitz in der Direktorenfunktion, sozusagen einen „vielköpfigen“ Direktor (und haben das auch nach außen gezeigt). Kolleginnen und Kollegen konnten lernen, in die Vorsitzrolle zu wachsen; die Rolle als Prüferin und Prüfer wurde dabei automatisch hinterfragt. Es wurde vielen klar, welche Informationen für den Vorsitz vorhanden sein mussten und was die jeweiligen Rollen erforderten.
Es gibt im Schulsystem die Rolle / Funktion „Mittleres Management“. Die ist im Normalfall mit wenigen „Werteinheiten“ versehen, sodass sie letztlich nur für die Übernahme bzw. Übergabe kleiner, begrenzter Aufgaben verwendet werden kann. Ähnlich die Rolle „Administrator“, die im Dienstrecht gar nicht umschrieben ist und als Lehrperson „zur Unterstützung des Direktors“ beschrieben wird. (De facto ist das in sehr vielen Fällen ein Vize-Direktor, ohne dass das so genannt wird.) Diese elementaren Ansätze an Teambildung – mehr ist das derzeit nicht! – muss man ausbauen.
Ich hatte ein hervorragendes Sekretariat. Das waren keine „Schreibkräfte“ mehr: meine direktoralen Texte hab ich selbst geschrieben. Das waren wichtige Mitarbeiterinnen in der Verwaltung der Schule; sie entwickelten sich zu Managerinnen. Ich habe bewusst Funktionen allmählich abgegeben, in einem fließenden Prozess von Check und Re-Check, bis selbständige Lösungen möglich waren: Maturaanmeldung mit Zulassungscheck, Berufsreifeprüfung. (Und das ging schnell. Und als Backup war ich immer da.) Ich hatte eine ausgezeichnete VWA-Koordinatorin, die mir sehr viel Verwaltungsarbeit abnahm und mich so freispielte, dass ich mich frühzeitig auch inhaltlich mit den entstehenden Arbeiten auseinander setzen konnte. Das schafft man sonst nicht: die Vorwissenschaftlichen Arbeiten eines gesamten Maturajahrgangs solide zu „feedbacken“. (Und gerade in Zeiten von KI wär das sehr wichtig.)
Dass ich darüber hinaus noch einen hervorragenden Administrator hatte, dem ich schon in meiner eigenen Zeit als Administrator einen sanften Einstieg ermöglichen konnte, ist hiermit auch gesagt. In einer Strukturgruppe – ja, nix Neues als Wort – habe ich „das Team als Direktor“ zum Prinzip erhoben.
Jahrhunderte!
Aber dem stehen natürlich Jahrhunderte an Verwaltungstradition entgegen. Eine Behörde wird durch einen Chef geleitet. Einer! (Oder mittlerweile sogar: Eine!) Aber niemals mehrere.
Da liegt die Lösung!