Die EU-Staaten haben sich irgendwie auf neue, wesentlich schärfere Asylgesetze verständigt. Das muss zwar noch vom EU-Parlament beschlossen werden, aber man tut so, als ob das schon gelaufen sei.
Offenbar soll es an den EU-Außengrenzen nun „einheitliche“ Verfahren geben; die Abschiebung in „sichere Drittländer“ soll leichter werden. EU-Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sollen sich offenbar aus der Pflicht hinauskaufen können: „Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen.“
Einige EU-Politiker*innen zeigen sich erfreut über die Einigung: weniger darüber, was herausgekommen ist, sondern eher darüber, dass man an sich „einig“ geworden sei. Die Organisationen, die sich mit der Realität der Fluchtsituation auseinander setzen, sehen das ganz anders. Ärzte ohne Grenzen sieht einen „Kompromiss auf Kosten der Menschenrechte“; die Asylreform sei „der Nährboden für systemische Gewalt, Pushbacks und lange, willkürliche Inhaftierungen“. SeaWatch spricht vom „endgültige[n] Todesurteil für das europäische Asylrecht“; Amnesty International fürchtet, dass die neuen Asylgesetze „die Rechtlosigkeit an den Außengrenzen zur Norm machen“ werden.
Das „sichere Herkunftsland“???
Es ist ganz klar: offenbar soll schnell abgeschoben werden und es geht bei den Entscheiden darum, ob das Herkunftsland „sicher“ ist. Das ist die Abkehr von individuellen Entscheidungen. Ein Land kann für manche Bürger*innen sicher, für andere sehr unsicher sein. Für Frauen würde ich z.B. den Iran und Afghanistan jedenfalls für unsicher halten. Die Menschenrechte sehen das Recht auf Asyl allerdings nicht als Recht eines Landes, sondern als Recht eines Individuums. Hier geht offenbar ein wesentlicher Grundsatz der Menschenrechte verloren.
beschämend
Das ist beschämend; es ist nach dem Kolonialismus und dem darauf folgenden Imperialismus der nächste Verrat der begüterten Länder (des „globalen Nordens“) an den wirtschaftlich schwachen (des „globalen Südens“). Die Länder Europas vertschüssen sich aus einer an sich über Jahrhunderte gewachsenen Verantwortung.
Aber es fehlt nicht nur an einer Aufarbeitung der kolonialistisch-imperialistischen Vergangenheit; es fehlt auch an einem Blick in die Zukunft. Mit der Vertiefung der globalen Ungerechtigkeiten werden wir auch die Probleme, die noch auf den globalen Norden zukommen werden, nicht lösen. Kein Blick in die Vergangenheit, keiner in die Zukunft; nur ein Starren auf den Erhalt des eigenen Wohlstands und auf die Mauer, die hochgezogen wird.
Als Literaturangabe ein interessanter Artikel zur Geschichte der Menschenrechte: „In schwerer See“, von Ferdinand Muggenthaler, erschienen in Blätter.