Verordnete Preise?
Ich halte an sich nichts davon, von Seiten des Staates in die Gestaltung von Marktpreisen einzugreifen. Marktpreise sind wichtige Indikatoren des Wirtschaftsgeschehens; sie staatlich zu verordnen führt – wie im „realen Sozialismus“ des ausgehenden 20. Jahrhunderts – zu Produktionseinbrüchen und Misswirtschaft. Außerdem halten das demokratische Strukturen nicht aus, wenn der Staat beginnt, wesentliche Parameter des Wirtschaftens zu diktieren.
Bei der Strompreisbremse, die nun bis Ende 2024 verlängert wird, ist das aus mehreren Gründen anders.
Kurz zu den Regelungen: wenn ein Haushalt nicht mehhr als 2.900 kWh pro Jahr braucht, wird der Strompreis, der über 10 Cent pro kWh liegt, vom Staat übernommen. Bei dem Stromverbrauch, der über 2.900 kWh pro Jahr eintritt, gelten die zwischen dem Energieversorger und dem Haushalt vereinbarten Strombegbühren.
Bleibt man als Haushalt unter 2.900 kWh Verbrauch jährlich, zahlt man also nur 10 Cent pro kWh. Für jede kWh mehr gilt der mit dem Stromlieferanten vereinbarte Preis.
Die Bedürfnisse der Haushalte sind sehr verschieden. Mein Haushalt in Innsbruck hat letztes Jahr etwa 2.300 kWh verbraucht. Ich kenne Menschen (ehemalige Kolleg*innen), die glaubwürdig versichern, dass sie kaum unter 10.000 kWh zu liegen kommen – mit Elektroauto und diversen E-Geräten im Haus.
Gründe für eine Strompreisbremse
1. Der Strommarkt ist ein verzerrter Markt; er ist zu großen Teilen mittelbar staatlich; damit sollen die Eigentümer – das sind letztlich die Bürgerinnen und Bürgen – ihre Interessen einbringen können. VKW, TiWAG, Wien Energie usw. usf. … das sind i.W. öffentliche Unternehmen. Es ist sinnvoll, dass die nicht nur auf der Basis betriebswirtschaftlicher Gewinnlogik arbeiten, sondern im öffentlichen Interesse. Damit zwingen sie auch private Energieerzeuger zu adäquaten Marktpreisen.
2. Die Strompreisbremse unterscheidet zwischen besonders energiesparenden Verbrauchern und solchen, die sich einen „Luxus“ an Stromverbrauch gönnen. Wer unverhältnismäßig mehr verbraucht, für den soll auch der Strom spürbar teurer werden. Die Strompreisbremse animiert zum sparsamen Energieeinsatz: das ist heutzutage extrem wichtig.
3. Elektrizität ist in unser Gesellschaft eine unumgängliche Basis; sie ist ein dringend notwendiges Produkt, das jede und jeder braucht. Es ist gerechtfertigt, eine bestimmte Menge an Elektrizität zu subventionieren: so wie es gerechtfertigt wäre, bestimmte elementare Lebensmittel, die jede und jeder braucht, dem Gewinnstreben zu entziehen. Es wäre auch falsch, Trinkwasser einem privaten Markt zu überlassen – die Versuche dazu gibt es immer wieder: Konzerne hätten Interesse.
ABER
Was ich nicht ganz einsehe: warum müssen die Zuschüsse im Rahmen der Strompreisbremse staatlich bezahlt werden? Ich denke, es ist auch Aufgabe der Energieversorger, hier abgestuft vorzugehen. Die Energieversorger haben – jedenfalls zum Teil – über die auch von der Energiewirtschaft mitverantwortete Inflation enorme Gewinne (weit überdurchschnittliche Gewinne = „Übergewinne“) eingefahren. Das müsste mindestens in einem gewissen Rahmen an die Konsument*innen zurückfließen. (Der andere Teil sollte wohl auch in Investitionen in nicht-fossile Energieerzeugung fließen.)