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Michael Bürkle

NÖ: „Landeshymne unproblematisch“. Echt?

Der Kontext

Der Textautor der niederösterreichischen Landeshymne, Franz Karl Ginzkey, war Nazi. Er war allerdings auch vor und nach seiner Nazizeit aktiv; er hat 1904 sogar ein Kinderbuch geschrieben: „Hatschi Bratschis Luftballon“. Vielleicht kennen das noch Leute meiner Altersgruppe. Das war ein bissl krypto-fremdenfeindlich, aber nicht gerade eine Nazi-Kampfschrift.

Nach Kritik einiger Autorinnen und Autoren am Hymnentext hat das Land NÖ eine Historikerkommission beauftragt, im Text der Landeshymne nach Nazi-Spuren zu suchen. Die Kommission hat den Text letztlich für „unproblematisch“ befunden.

Der Text

Wenn man über einen Text schreibt oder diskutiert, braucht man den Wortlaut. Hier ist er:

O Heimat, dich zu lieben,
getreu in Glück und Not.
Im Herzen steht´s geschrieben
als innerstes Gebot.
Wir singen deine Weisen,
die dir an Schönheit gleich,
und wollen hoch dich preisen,
mein Niederösterreich.

Im Rauschen deiner Wälder,
in deiner Berge Glanz,
im Wogen deiner Felder
gehören wir dir ganz.
Im Dröhnen der Maschinen,
im Arbeitsfleiß zugleich,
wir müh‘n uns, dir zu dienen,
mein Niederösterreich.

Getreu dem Geist der Ahnen,
wir schaffen uns das Brot
und halten hoch die Fahnen
blau-gold und rot-weiß-rot.
Wenn sie im Winde wehen,
an ernster Mahnung reich,
gilt es, zu dir zu stehen,
mein Niederösterreich.

Kurzanalyse

Nein, das ist kein Nazi-Text; das ist einfach üblicher Hymnen-Unsinn. Man findet so was auch in anderen Landeshymnen.

Was bringt man Kindern mit dieser Hymne bei?

Heimat, dich zu lieben, […] Im Herzen steht´s geschrieben / als innerstes Gebot.

So a Bledsinn. Für die „innersten Gebote“ kämen da noch ganz andere Werte in Frage.

Im Rauschen deiner Wälder, […] gehören wir dir ganz.

So a Bledsinn: „gehören wir dir ganz“. Was soll das heißen? Wer kann so was noch ernst nehmen?

Getreu dem Geist der Ahnen, / wir schaffen uns das Brot / und halten hoch die Fahnen / blau-gold und rot-weiß-rot.

Es wird immer unsinniger. Der „Geist der Ahnen“ beginnt zu spuken, und zwar bis in die Brotrezepte; vom Brot gehts noch schnell zu den „Fahnen“. Wie das?

Nein, das ist kein Nazi-Text, das ist einfach nur stinkkonservativer Unsinn. Und als solcher ist er durchaus „problematisch“. Man sollte solchen Unsinn nicht Kindern beibringen; der Text ist „zum vergessen“. „Unsere Hymne bleibt unsere Hymne, und die lassen wir uns nicht umtexten“, so meint das die Landeshauptfrau. Na klar doch; was denn sonst?

Ein „Austrian Song Contest“

Man könnte da einen hübschen Wettbewerb darüber veranstalten, welche der 9 österreichischen Landeshymnen am meisten Unsinn auf engstem Raum vereint. Die niederösterreichische hätte gute Chancen, diesen Austrian Song Contest zu gewinnen.

Naja: in der oberösterreichischen Landeshymne bewegen wir uns auf ähnlichem Niwoo. Sie preist die kindische und hündische (hymnische) Ergebenheit der Bevölkerung zum Land:

Hoamátland, Hoamátland! / Han di so gern, / Wir á Kinderl sein Muadá / Á Hünderl sein’n Herrn.

Auch nicht besser.

Oder Tirol:

Zu Mantua in Banden / Der treue Hofer war, / In Mantua zum Tode / Führt ihn der Feinde Schar. / Es blutete der Brüder Herz, / Ganz Deutschland, ach, / In Schmach und Schmerz, […].

Ganz Deutschland? Ach wo. Die Bayern waren mit Napoleon verbündet. Und auch sonst deutschtümelts in dieser Hymne. Gesungen wird sie übrigens zur gleichen Melodie wie das linke, „rote“ Arbeiterlied „Dem Morgenrot entgegen“.

Am realistischsten scheint mir die Vorarlberger Hymne. Sie kennt bereits die Inflation! Jede Strophe beginnt mit:

Du Ländle, meine teure Heimat, […]

Wer weitere konstruktive Beiträge zu diesem Austrian Song Contest hat: bitte melden!


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