Ein wetterabhängiges Geschäft
Mit meiner Photovoltaik-Anlage – Bürs, Ausrichtung Südost, 9,96 kWp, 48 qm – habe ich eine Software bekommen, die es mir ermöglicht, den Stromhaushalt des Hauses zu beobachten. Ich sehe, wann wie viel produziert wird; ich sehe auch, wann wie viel verbraucht wird. Das alles kann ich an Kurven, die den Stromhaushalt dokumentieren, ablesen.
Die Grundform
Die ideale Grundform einer Stromerzeugung entsteht dann, wenn es keine Hindernisse zwischen Sonne und PV-Anlage gibt: keine Berge, keine Wolken – nichts. Der Prozess bzw. „die Kurve“ beginnt am Morgen, wenn die Sonne aufgeht, steigert sich dann bis zu einem Höhepunkt gegen Mittag und sinkt dann gegen den Sonnenuntergang. Das sieht – im Idealfall – z.B. so aus:
Das war die Stromerzeugung am 11.8. Man sieht die (beinahe) ideale Form. Es ist vermutlich eine Gauß’sche Glockenkurve im Hintergrund versteckt; aber zumindest auf der linken Seite läge da eine Störung vor. Aber in dieser idealen Form habe ich die Kurven sowieso nur sehr selten beobachtet. Unten sehen wir noch weitere Varianten …
Die Stromerzegung begann um ca. 7 Uhr und dauerte bis ca. 20 Uhr. Der höchste Wert – eine Leistung von ca. 7,2 kW – wurde etwa um 13:30 Uhr erreicht. Geendet hat der Tag in Summe mit einer sehr guten Produktion von ca. 56,88 kWh Energie – das ist etwa das 10-fache dessen, was unser Haushalt durchschnittlich täglich verbraucht.
Der Stromverbrauch dauerte aber 24 Stunden lang: man kann ihn an der blauen Welle entlang der x-Achse erkennen. Ja, der Kühlschrank läuft durch, das Modem ebenfalls, auch die Wärmepumpe. Sonst haben wir keine Geräte im standby-Modus. Dass wir an diesem Tag nicht zuhause waren, sieht man daran, dass kein gelb eingezeichneter Verbrauch ersichtlich ist.
Man sieht aber auch schon in dieser Kurve, dass die Verhältnisse nicht ganz symmetrisch sind. Die Stromerzeugung setzt am Morgen rel. plötzlich („steil“) ein und verläuft gegen Abend sachte aus. Ich weiß noch nicht, woran das liegt. Kann es sein, dass die Solarzellen erst ab einem Grundniveau an Sonneneinstrahlung mit der Produktion überhaupt beginnen? Kann es sein, dass im Osten die Topographie einen Streich spielt und eine Bergformation die Sonne etwas zurückhält? Egal.
Die Grundform variiert
Das kann auch so aussehen:
Es ist der gleiche Hügel; die Stromproduktion hört etwas früher auf – aber diese Kurve ist sehr zerfranst. Es ist die Kurve des 13.8., der durch zahllose kleine Wölkchen gekennzeichnet war, die die Produktion bzw. die Kurve immer wieder etwas „zerzaust“ haben; die Tagesproduktion kommt deshalb in Summe auch „nur“ auf ca. 54,04 kWh. Der Maximalwert liegt etwa wie am 11.8. bei 7,2 kW, ist hier aber in W angegeben.
Die Grundform zerrissen
Das kann auch etwas anders aussehen:
Man sieht: die Bewölkung war am 14.8. über den gesamten Tag verteilt deutlich stärker als am Tag davor und das führte zu gravierenden Verlusten. Wir kamen da auch „nur“ mehr auf knappe 40 kWh Tagesproduktion – immer noch das etwa 7-fache eines durchschnittlichen Tagesverbrauchs.
Und in etwa so sahen im Beobachtungszeitraum die meisten Tagesproduktionskurven aus.
Ein Produktionsloch
Fast schon ein Ratespiel könnte die Produktionskurve vom 18.7. sein:
Man erahnt noch das kuppelartige Idealbild – aber dieses enorme Loch zwischen 14 Uhr und 17 Uhr??? Was war da? Die Lösung: ein saftiges Gewitter geradezu mit Verdunkelung. Das hat mich als Stromproduzenten 3 Stunden gekostet und wir kamen nur mehr auf gute 40 kWh.
Man sieht in der Grafik in Gelb auch Eigenverbrauch an eigenproduziertem Strom, etwa kurz nach 8 Uhr zum Frühstück, ein bisschen mittags und am Nachmittag.
Die Wärmepumpe
Am 25.7. wurde unsere Wärmepumpe in eine Art Testbetrieb versetzt – mittlerweile ist sie wieder auf standby gesetzt. Sie machte sich bemerkbar, z.B. in der Tagesproduktion vom 28.7.:
Der Tag war sehr bewölkt; die „ideale Form“ ist fast nicht mehr erahnbar – und nachts um 02:45 war da eine – mir zunächst nicht erklärbare – Stromverbrauchsspitze von immerhin 2,65 kW oder 2650 Watt. Das wiederholte sich an anderen Tagen mehrfach. Man sah eine nächtliche Stromspitze – oder 2, selten 3, einmal, am 26.7., sogar 4!:
Der Tag verlief für einen Jung-Stromproduzenten an sich nicht besonders erfolgreich; insgesamt produzierten wir mit knapp 19 kWh „bloß“ den Verbrauch von etwa 3 Haushaltstagen. Aber insgesamt 4 über den Tag verteilte Stromspitzen waren für mich mehr als irritierend. Die erste um 05:20 kam auf 2.988 W – nur minutenlang, also keine 2,988 „kWh“, die zweite war mittags und kollidierte mit gelb eingezeichnetem Eigenverbrauch bzw. Eigenproduktion, die dritte war etwa um 19 Uhr und die vierte mitternachts. Ich beschloss, mich drum zu kümmern.
Es stellte sich schnell heraus, dass das ein Ergebnis des Testbetriebs der Wärmepumpe war. Die fragt per Außenfühler halt immer wieder nach, ob sie gebraucht wird – und Ende Juli / Anfang August waren die Nächte bereits kühl. Mein Elektriker formulierte es so: „So ein Gerät braucht schon ab und zu einen gescheiten Schluck Strom“. Mir war durchaus klar gewesen, dass Wärmepumpen Strom brauchen – aber so? So viel – zwar nur kurz, und so oft? Mittlerweile habe ich das Ding auf standby geschaltet: jetzt haben die „Schlucke Strom“ wieder aufgehört.
Man lernt nie aus.
Die Wärmepumpe als Generallösung?
Ich bin in meiner Gegend derzeit der einzige Besitzer einer Wärmepumpe. Wenn das mehr werden: ist das dann noch verträglich? Ich mache mir Gedanken. Wenn in einem Ort ein paar hundert Wärmepumpen, die alle in etwa gleich eingestellt sind und auf die gleichen Außentemperaturen reagieren, gleichzeitig anspringen – also gleichzeitig „einen ordentlichen Schluck Strom“ zu sich nehmen – ist das für das Stromnetz vielleicht ein Problem? Muss man da vielleicht Regelungen oder Regulierungen finden?
Ich werde mich erkundigen.
Ausblick auf Herbst und Winter
Ich bin gespannt, wie sich das im Herbst und im Winter entwickelt, wenn die Tage kürzer werden, der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen geringer und wenn wir die Wärmepumpe brauchen werden. Ich bin guter Hoffnung, dass ich mit Wärmepumpe und Photovoltaik auch an schlechten Tagen i.W. „pari“ aussteigen werde. Jetzt, im Sommer, mache ich, was den Energiehaushalt betrifft, erhebliche Gewinne. Das wird sicher nicht so bleiben.
Mein Vater war immer wieder stolz darauf, dass unser Heimatdorf im Winter „7 Sonnenaufgänge“ habe („bi üs goht d’Sunna im Wintr siba mol uf“) – weil sich die Sonne am Vormittag immer wieder hinter Bergspitzen verkriecht, hinter denen sie danach wieder „aufgeht“. Diesen 7 Sonnenaufgängen entsprechen auch 7 kleine vormittägliche Sonnenuntergänge und sie werden sich in den Produktionskurven als Einschnitte und Verluste bemerkbar machen. Der Vormittag wird zerrissen aussehen; jeder.
Es wird spannend.