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Michael Bürkle

Der Kanzler entdeckt den Markt Afrika

Kanzler Kurz wird heute in mehreren Medien etwa folgendermaßen zitiert:

In Afrika werden voraussichtlich Mitte des Jahrhunderts zwei Milliarden Menschen leben, gegen Ende des Jahrhunderts sogar vier Milliarden. Es ist daher unbedingt notwendig, dass wir enger mit den afrikanischen Staaten zusammenarbeiten […] Das betrifft nicht nur die klassische Hilfe vor Ort, sondern muss weit darüber hinaus gehen. Wir müssen eine zeitgemäße, faire und nachhaltige EU-Strategie für Afrika entwickeln und dort vor allem die wirtschaftliche Entwicklung unterstützen, um Arbeitsplätze und Perspektiven zu schaffen. Wir werden eine Afrika-Strategie voll unterstützen. Darum wird es beim Hilfe-vor-Ort-Gipfel in Wien gehen. Denn Afrika ist ein Kontinent mit viel Potenzial.

Ja, hier hat der Kanzler recht. Afrika hat viel Potenzial. Ja, Europa hat hier seit Jahrhunderten Verantwortung, denn es hat den südlichen Nachbarn seit Jahrhunderten ausgebeutet. Im Kolonialismus, im Imperialismus. Ja: es braucht „Hilfe vor Ort“, darauf haben schon viele (auch ich) schon oft hingewiesen.

Was will der Kanzler? 2 bis 4 Milliarden Afrikaner als neuen Markt für europäische Produkte, als Reserveheer für europäische Billig-Arbeitsplätze? Oder ein Afrika als ebenbürtigen Partner – am Schluss eine afrikanisch-europäische Union?

Wie glaubwürdig ist eine europäische Politik, die nur auf die langfristige Entwicklung eines zusätzlichen Markts setzt, aber in der Zwischenzeit, jetzt und bis auf Weiteres Menschen aus Afrika zurückweist, im Mittelmeer ertrinken lässt, in nordafrikanischen Konzentrationslagern zusammenpfercht? Die das Asylrecht abschaffen will? Sieht so ein Partner aus?

Ja: Fluchtrouten über das Mittelmeer können keine globale Lösung sein. Eine globale Lösung muss eine gerechte, faire sein, auf Augenhöhe. Eine, die Nahrung, Wasser, Wohnung, Gesundheit, Bildung, Ressourcen gerecht verteilt. Ob ein „Hilfe-vor-Ort-Gipfel“ da ein Schritt vorwärts sein kann, bezweifle ich. Ich fürchte, der Kanzler will nordafrikanische Konzentrationslager bauen – ohne einmarschieren zu müssen, und stellt dafür eine unsichere „Hilfe vor Ort“ in ewige Aussicht. Das Budget für Entwicklungshilfe wird immer noch schamlos ausgehungert.

Wenns ehrlich wär, wärs gut. Aber dann wärs auch konkreter. Und es würde humanitäre Lösungen schon jetzt ermöglichen.


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